Die Endgueltigkeit von Abschieden

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Sara
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Die Endgueltigkeit von Abschieden

Ungelesener Beitrag von Sara »

Hallo zusammen,

ich hatte vor einigen Tagen (mal wieder) ein Erlebnis, das mich nachdenklich gemacht hat und ich wuerde gerne erfahren, ob ihr euch aehnlich fuehlt und was eure Meinung dazu ist.

Ich habe letztes Wochenende Angkor besucht (->ich bin zZt in Kambodscha) und im Zuge dessen auch den Ta Phrom Tempel, einen wunderschoenen Ort, an dem ich - wahrscheinlich, weil es noch sehr frueh war - erstaunlicherweise ganz allein war. Allein, bis auf einen australischen Traveler, mit dem ich ins Gespraech kam und am Ende fast zwei Stunden in diesem Tempel verbrachte. Er hatte eine grosse japanische Bambusfloete dabei und spielte mir darauf etwas vor, was an diesem Ort, zu dieser Zeit eine sehr intensive Atmosphaere entstehen liess, die mich echt umgehauen hat. Spaeter dann trennten sich unsere Wege, keiner von uns fragte den anderen nach irgendwelchen Kontaktdaten, sondern wuenschte lediglich viel Glueck und eine gute Reise.

Auf dem Weg nach Hause hatte ich irgendwie ein ganz komisches Gefuehl, weil ich ja wusste, dass ich ihn nie wiedersehen wuerde. Dabei ging es nicht so sehr darum, dass ich dachte, den Mann meines Lebens getroffen zu haben, sondern mehr darum, dass ich die Zeit mit ihm dort genossen habe, weil einfach alles passte.

Wie geht ihr damit um, dass man auf Reisen so viele Leute trifft, mit ihnen womoeglich etwas teilt, eine aussergewoehnliche Zeit verbringt (ob lang oder kurz)... und sie danach nie wieder sieht?

Ich bin geteilter Meinung, was das "Ja, lass uns mal in Kontakt bleiben" angeht. Grundsaetzlich finde ich, dass man nicht versuchen sollte, schoene Momente immer krampfhaft fortzusetzen. Das gilt fuer zuhause und auf Reisen erst recht. So etwas kann/sollte auch fuer sich allein als Erinnerung stehen bleiben koennen, als etwas, an das man mit einem Laecheln zurueckdenkt. Zumal bestimmte Geschehnisse bei dem Versuch, sie fortzusetzen, oft an Zauber verlieren, zweitens man einfach nicht unzaehlig viele Bekannt- oder Freundschaften ueber die ganze Welt pflegen oder gar intensivieren kann, ohne dass der einzelnen Bekanntschaft dabei irgendwann etwas Inflationaeres anhaftet (meine Meinung).

Andererseits macht es mich schon manchmal traurig, Leute in mein Leben eintreten zu sehen und kurze Zeit spaeter auf Nimmersehen verschwinden. Doch ist das nicht einfach Teil des Reisens? Gerade kleine Anekdoten wie diese, die man spaeter als zusaetzliches Gepaeck wieder mit nach Hause nimmt?

Solche Begegnungen wie oben beschrieben haben die meisten von euch wahrscheinlich schon vielfach erlebt. Wie geht ihr damit um? Tauscht ihr haeufig Emailadressen, Telefonnummern etc. aus - und falls ja, ist das mehr pro forma bzw. um dem Abschied die Endgueltigkeit zu nehmen oder haltet ihr tatsaechlich zu vielen Leuten den Kontakt?

Hm, keine Ahnung, ob das jetzt alles ein bisschen gefuehlsduselig klingt, aber das hatte ich gerade so auf dem Herzen.

Liebe Gruesse,
Sara
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Der_Felix
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Die Endgueltigkeit von Abschieden

Ungelesener Beitrag von Der_Felix »

Hi Sara,

ist das Leben nicht im Grunde genommen eine Kette von bewussten und unbewussten Abschieden?

Ich meine, würde man einmal beginnen, all die Namen von Menschen aufzuschreiben, die einem in seinem bisherigen Leben begegnet sind und bei denen man sich, warum auch immer, deren Namen gemerkt hat, dürfte schnell eine ziemlich lange Liste zusammen kommen. Und wenn man sich nun fragt, wen von all diesen Leuten man möglicherweise oder vielleicht sogar wahrscheinlich niemals wieder sehen wird, sind das vermutlich ebenfalls eine ganze Menge. Nicht alle davon bedeuten einem etwas, bei einigen ist einem der Abschied vielleicht sogar ganz recht gewesen und man möchte sie auch nicht unbedingt wieder sehen, bei wieder anderen wird einem jetzt erst bewusst, dass man sie wohlmöglich nicht noch einmal treffen wird, was einen erst jetzt, wo man sich das bewusst macht, so richtig traurig macht.
Kurz: solche Abschiede, wie Du sie beschreibst, sind meiner Ansicht nach viel alltäglicher, als man meint, nur ist man sich dessen eben nicht immer bewusst.

Zugleich weiß man aber doch auch selten sicher, dass es wirklich ein Abschied für immer war! Es gibt ja den Spruch, dass man sich immer zwei Mal begegnet (und deshalb vorsichtig sein sollte, was man beim ersten Mal sagt ;-) ), und ich war schon manches Mal überrascht, wen ich plötzlich wieder getroffen habe.
Ich denke, daran sollte man sich hoch ziehen. Wer weiß, vielleicht führt Dich das Schicksal eines Tages mit diesem Menschen erneut zusammen?
Vielleicht wird das aber dann auch ganz furchtbar enttäuschend, weil eben die Person, nicht aber der Zauber dieser ersten Begegnung dabei ist?

Vielleicht sollte man einfach nicht darüber nachdenken und sich statt dessen lieber über den schönen Moment freuen. Denn auch wenn Du vielleicht die eine Person tatsächlich nicht wieder sehen wirst, die Erinnerung bleibt doch. Außerdem kannst Du Dir recht sicher sein, dass es noch weiterer solcher Momente geben wird. Dann eben nicht mit dieser, aber mit einer anderen Person.

Einen sonnigen Gruß!

Felix
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vabels
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Die Endgueltigkeit von Abschieden

Ungelesener Beitrag von vabels »

Hallo Sara,

Abschiede gehören zum Reisen einfach dazu.
Auf diversen Reisen habe ich viele Menschen kennen gelernt. Teilweise war ich mehrere Wochen mit ihnen zusammen und habe tolle Erlebnisse gehabt. Zuerst habe ich auch fleißig Adressen getauscht. Teilweise gab es auch den einen oder anderen Briefwechsel. Aber irgendwann sind die meisten Kontakte wieder abgebrochen, mit ein paar Ausnahmen.

So habe ich 2005 mit Freunden 20jähriges Jubiläum gefeiert. Wir hatten uns damals in Indien kennen gelernt und der Kontakt ist niemals abgebrochen. Wenn wir zusammen sind verstehen wir uns immer noch supergut, auch wenn wir uns mal ein paar Jahre zwischendurch nicht gesehen haben (aber Telefon und Internet und auch Briefe haben die Kontakte immer aufrecht gehalten).

Aber geht es letztendlich nicht darum den Augenblick zu genießen? Auch wenn die Zeit zusammen noch so toll war gibt es keine Garantie, dass man sich im “normalen“ Leben immer noch versteht.

Gruß
Volker
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Coogar
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Die Endgueltigkeit von Abschieden

Ungelesener Beitrag von Coogar »

Ich bin auch dafür, den Augenblick zu genießen und den Menschen für die schönen Momente in Erinnerung zu behalten (abgesehen von den Menschen, die man gar nicht schnell genug verabschieden kann :wink: ).

Ich tausche nicht grundsätzlich Kontaktadressen aus, aber in Argentinien war ich zB in einer WG und habe mit einigen der Leute (Europäer) seitdem Emailkontakt und wir treffen uns auch nächsten Monat wieder (5 von uns)-sowas kann also auch drin sein.

Einen Abend in BsAs war ich mit Freunden in ner Bar und traf dort auf 4 Argentinier und ich unterhielt mich mit einerm von ihnen,Fernando, zwei Stunden land über dies und das und er fragte nach meiner email. Das war kurz vor meinem Rückflug und auch absolut alles, ich sah ihn nicht wieder und nichts. Überraschenderweise hatte ich tatsächlich kurze Zeit später mail von ihm und seitdem meldet er sich immer mal wieder um zu fragen wie es mir geht und wann ich wiederkomme (9 Monate später!).
Ich habe aber allgemein sehr gute Erfahrungen mit Argentiniern gemacht, was in Kontakt bleiben angeht, die waren allesamt gut dabei, egal die Ausgangssituation.
Sowas ist natürlich toll.

Dier Leute, mit denen ich eigentlich nie in Kontakt bleibe, sind Hostelbekanntschaften, da tauscht man zwar mal email aus, aber dabei bleibt es dann auch meist. Ist auch ok so.

Grüße, Coog 8)
What is the use of straining after an amiable view of things, when a cynical view is most likely to be the true one?
G.B.Shaw
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Eliane
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Die Endgueltigkeit von Abschieden

Ungelesener Beitrag von Eliane »

Hallo,

mir geht es teilweise mit Übernachtungsgästen (HospitalitiyClub) so. Die kommen und gehen und weg sind sie dann auch - die meisten. Nur wenige erinnern sich nochmal und schreiben eine Mail.

Das finde ich manchmal schon auch sehr schade, vor allem wenn sie stattdessen meine Mail einfach weitergeben können und mir dann urplötzlich wildfremde Leute vor der Tür stehen und mal eben ein Bett haben wollen.

Ich habe das emotionale Problem bei endgültigen Abschieden eher von Plätzen in der Natur. Da bin ich schon manches Mal in Tränen ausgebrochen, weil ich das Gefühl hatte, an diesen schönen Ort nicht wieder zurückkehren zu können.

Meine Mutter hat Kontakte immer weltweit gepflegt und mir das auch immer versucht weiterzugeben. Fällt mir bisweilen aber auch schwer, wenn ich auch bis heute von ihren Kontakten zehren kann.

Liebe Grüße
Eliane
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Tiroler
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Die Endgueltigkeit von Abschieden

Ungelesener Beitrag von Tiroler »

Ich halte zumindest e-mail kontakt zu vielen bekanntschaften. Aber treffen tue ich keinen mehr von denen, da jeder eigene reise und lebenstraueme hat.
Zumindest mache ich keine versprechungen mehr wie "Naechstes jahr gleicher ort und zeit, ich besuche dich .... "

Wenn es sich ergibt ok wenn nicht "thats life''

Das leben ist im grunde ein abschied auf zeit, den nichts bleibt, menschen kommen und gehen, ich versuche die speziellen momente in meinen herzen zu tragen.


l.g martin
2 x China, 20 x Thailand, 3 x Neuseeland, 5 x Cook Inseln, 3 x Spanien , 2 x Jamaika, 2 x Kuba , 4 x Frankreich, 2 x Schweiz, 1 x Brasilien, 1 x Dubai, 1x Nepal, 1 x Kenia, 4 x USA, 1 x Indien, 1 x französisch Polynesien, 2 x Kambodscha, 1 x Australien. Unzählige Male in Deutschland und Italien, England (nur London), Ägypten, Kroatien, Slowenien, Dominikanische Republik, Malediven (vilamendhoo), Ungarn, Indonesien, Mexiko

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Julchen
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Die Endgueltigkeit von Abschieden

Ungelesener Beitrag von Julchen »

Hm, meine Einstellung dazu ist etwas ambivalent.

Einerseits habe ich auf meiner Reise (und überhaupt im Leben) Leute getroffen, von denen ich es nicht erwartet hätte, dass wir in Kontakt, und schon gar nicht, in so herzlichem, bleiben würden. Aber es sind doch einige dabei, die mir inzwischen sehr wichtig geworden sind und es ist ja auch gar nicht unbedingt nötig, dass man sich dazu öfter sieht. Es ist inzwischen so eine Art Netz von Freunden, das mich auffängt und hält, auch wenn ich diese Leute nicht zwangsläufig um mich haben muss. Und ich weiß, wenn, wo auch immer, wir uns jemals wiedertreffen werden, ist es, als wären wir nie getrennt gewesen.

Dann gibt es die Momentbekanntschaften, bei denen ich, auch wenn ich den Augenblick sehr genieße, weiß, dass es keine Zukunft haben wird. Dann behalte ich lieber die Erinnerung und meine Emailadresse auch.

Viele Grüße
Julchen
Wo ein Wille ist, mein Herz, da ist auch ein Gebüsch. (Element of Crime)
Blubinchen
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Die Endgueltigkeit von Abschieden

Ungelesener Beitrag von Blubinchen »

Huhu,

ist zwar schon ein alter thread aber ich mag trotzdem was dazufuegen *g*.

also ich hatte gerade vor 5 tagen das schlechte schlechte los von meinem traumplatz wegzumuessen.. und ich hab geheult wie ein schlosshund.. es ist schlimm oder wunderschoen auf der reise einen ort zu finden, an dem man sich ploetzlich zu hause fuehlt und dann muss man weg!! ich hab mit einigen leuten von da email getauscht - 2 kommen sogar aus hamburg, wir werden uns also wiedersehen *g*.. und manche hab ich auch nur herzlich umarmt und hab einen guten weitern weg gewuenscht.. das schlimme an dem weggehen waren da nicht die menschen, sondern die atmosphaere und der ort an sich *schniefz*..

ich tausche eigentlich relativ oft email aus.. zwar nicht mit jedem, aber wenn ich einen netten abend mit jemandem verbracht habe und wir evtl. noch laenger in dem gleichen land reisen, warum nicht! :wink: ausserdem hab ich mit einigen leuten aus indien (wo ich oktober bis dezember 06 war) immernoch kontakt und der wird auch glaube ich nicht so schnell abreissen.. ich denke mal, dass das adressentauschen irgendwie so eine emotionssache ist.. ein halteseil.. ein schutz vor dem "auf nimmer wiedersehen" ich hab sogar probleme mich von meinem alten matheheft heft zu trennen und ich hasse mathe *g*.. also irgendwie liegt es mir nicht einfach so zu gehen :-)

Liebe gruesse
Blubinchen
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Coogar
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Ungelesener Beitrag von Coogar »

Muss nochmal was hinzufügen:
Irland ist inzwischen mein Land der Abschiede :cry:
In den 3 Jahren, die ich hier gelebt habe, sah ich dermaßen viele Leute kommen und gehen, weil viele eben einfach nur mal auf Zwischenstation in Dublin sind.
Zwischenstation meint hier allerdings nicht Urlaub, sondern einige Monate bis wenige Jahre, also Zeiträume, in denen man Freundschaften schließt. Da ich dann auch selber zwischendurch immer mal weg war, habe ich so ziemlich jeden Sommer in Dublin eine Freundeskreis-Runderneuerung genossen, wobei einige Leute, wie ich, auch mal für einen Sommer zurückkehrten, andere weiterzogen, wieder andere nach Hause gingen.

Das hängt natürlich auch viel damit zusammen, dass wir alle Ausländer sind und damit nicht an Irland gebunden. Nach wie vor habe ich nur wenige irische Freunde hier, und in letzter Zeit, da die (Verbal-)Attacken gegen Ausländer in der Stadt zunehmen, bemüht man sich auch nicht mehr wirklich im Integration und das Weiterziehen fällt leichter denn je.

Ich finde es momentan nur ein wenig schwer, mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass ich meine jetzigen Freunde, die mir so lieb zur Seite standen in letzter Zeit, hinter mir lassen werde und dass ich sie wahrscheinlich nicht wiedersehe, weil sie wiederum auch irgendwann weiterziehen werden.
Ich weiß, so ist das Leben und die Erinnerung bleibt, aber einfach ist es nicht. Ich würde sie am liebsten in meine Reisetasche packen und ab in eine Groß-WG in BsAs. Ja, das wäre schön.

Grüße, Coog 8)
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G.B.Shaw

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