PKW-Überführung nach Asien - gibt's sowas noch?

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jot
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PKW-Überführung nach Asien - gibt's sowas noch?

Ungelesener Beitrag von jot »

Habe schon einige Stories gehört, dass es ja wohl zumindest früher mal möglich war einen günstigen Gebrauchtwagen in Europa zu kaufen und diesen dann selber nach Asien zu kutschieren, um ihn dort auf den örtlichen Märkten mit einem kleinen Gewinn wieder abzustoßen (hat damals sogar die Rückreise finanziert).
Mir würde es ja schon reichen, wenn am Ende eine schwarze Null (oder zumindest ein möglichst geringer Verlust) druntersteht, würde ja auch nicht die direkte Strecke fahren, sondern will schon noch was sehen ;)

Habe schon das ganze Internet nach aktuellen Erfahrungen oder Angeboten zur Autoüberführung nach Asien durchgegoogled, aber ich finde eigentlich wenn überhaupt nur Berichte aus den 60er und 70ern.

Gibt es einen Bedarf an europäischen Kfz in fernen asiatischen Landen heute überhaupt noch oder ist diese Verschiebung durch Regeln und Vorschriften zum Erliegen gekommen?





[auf 1 Kontinent (fast) einzelthematisiert MArtin]
rad_karl
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PKW-Überführung nach Asien - gibt's sowas noch?

Ungelesener Beitrag von rad_karl »

Tja, da hab ich mich auch schon viel mit beschäftigt und ich hab auch schon mal ein Auto nach China geschickt, allerdings mit 20% Verlust.

In China und westlichem Rußland sind gefragt: Merzedes S-Klasse und BMW X5, je größer desto besser und Kilometer spielen keine Rolle selbst 800.000 km gehn noch solange das Auto fährt. In China werden die meist aus Japan eingeführt. Weil sich Japaner nämlich vor Gebrauchtwagen ekeln sind die Preise also denkbar niedrig daß ein Export aus Deutschland nicht lohnt.

Ansonsten, in der Mongolei und auch im asiatischen Teil von Rußland, Kazakstan und so sind Kleintransporter sehr gefragt. Also Pritschenwagen und große Kabine vorne. Beispielsweie ein MB207 oder MB307 der ist hier für 1000-3000 Euro zu haben.

Oder der "Bongo", das ist der Hyundai Kleinlaster H100 und ein ähnliches Modell von Toyota. In der Mongolei werden die mit 2000-4000 Euro gehandelt, das ist aber dummerweise auch der Einkaufspreis hier in Deutschland und fast ALLE Fahrzeuge dieses Typs werden aus Südkorea importiert.

Das lohnt sich nur für den Eigengebrauch - und Verkaufen in Rußland oder in der Mongolei zieht erhebliche Zoll-Nachzahlungen nach sich. Die Russen wollen einen US$ pro ccm Hubraum haben, in der Mongolei ist der Import von Nutzfahrzeugen zollfrei. Es muß aber 10% des Fahrzeugwertes als Einfuhrumsatzsteuer bezahlt werden.

Bekannte von mir machen das gelegentlich, aber nicht um davon zu leben, sondern weil in der Familie oder im Freundeskreis jemand einen Kleintransporter haben will. Deutschland-Mongolei über Rußland sind ca. 6 Tage Fahrt wenn man die Fahrerei aufteilt, zzgl. 2-4 Tage Wartezeit an diversen Grenzen, wegen Papierkram. Dazu kommt Sprit für 7000 km und eine Autoversicherung für das Durchqueren von Rußland, wahrscheinlich auch für Weißrußland. Also im großen Bogen drumherumfahren, und über die Ukraine nach Rußland einreisen (oder auch Skandinavien, dort dürfen Ausländer Heizöl tanken).

In China dürfen keine Fahrzeuge importiert werden, die älter als 14 Jahre sind. Auch ist der Import nach China wegen den damit verbundenen Formalitäten so gut wie unmöglich - und das ist ja letztenendlich das "Hinfahren und verkaufen".

Was wohl in den meisten Ländern geht (China: bitte Botschaft fragen) ist eine Einreise mit einem in Deutschland zugelassenen Fahrzeug und einem Carnet ATA. Das ist eine Art Zollpassierschein, der erspart einem die teilweise heftigen Kautionszahlungen in Rußland.

Allerdings ist die "Reichweite" einer deutschen Zulassung und Versicherung der Schengen-Raum, zuzuglich Marokko, Moldawien und die Ukraine und Israel (gerüchteweise). Weiter nach Osten gehts dann aber nur noch mit erheblichem Papierkram. Wobei die Mongolei und Marokko das Auto in den Paß reinschreiben, und die Mongolische Botschaft muß bei der Visa-Ausstellung über die Einreise mit eigenem KFZ informiert werden.

Wer einen Benziner mitnehmen will, der sollte drauf achten daß er sich auf 80 Oktan Benzin umrüsten läßt. Wer nach China will , sollte wissen daß in chinesischen Großstädten teilweise ein Diesel-Fahrverbot tagsüber gilt, so daß Dieselfahrzeuge in China eher unbeliebt sind. Jedenfalls in Peking ist das seit 2 Jahren so.
rad_karl
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Ungelesener Beitrag von rad_karl »

hab noch was vergessen:

Wer auf die Idee kommt, man kann ein 1000 Euro-Auto hier kaufen und in Rußland oder irgendwo in Nordost Asien verkaufen - vergeßt es. Meist werden irrsinnige Einfuhrzölle verlangt (1 US$ pro ccm Hubraum in Rußland und Mongolei, vermutlich auch in Kazakstan) die das schier unmöglich machen. Das kann 2000 US$ bei einem Mittelklassewagen sein (Opel Omega 2.0i) und zumindestens in der Mongolei kriegt man so ein Auto vielleicht für 1000$ verkauft, in Vladivostok sind die Preise sicherlich auch nicht anders.

Thailand ist der absolute Spitzenreiter, die verlangen das 3,5 fache des Fahrzeugwertes als Kaution. Bekannten von mir ist mal ein Geländewagen in einem Sumpf gefallen und versunken, und sahen sich mit Nachforderungen von ca. 50.000 Euro konfrontiert, die hatten so um die 15.000 Euro für ihren Landrover bezahlt.

Letztenendlich hat das irgendiene Versicherung geregelt, aber das hat mehr als einen Monat gedauert. Also ist auch die Variante "mein Auto wurde geklaut" oder "Mein Auto ist verschwunden" eher schlecht als Ausrede geeignet um das Auto zollfrei zu "importieren".

Stand der Informationen ist Sommer 2010
rad_karl
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Ungelesener Beitrag von rad_karl »

und um die ursprüngliche Frage zu beantworten:

Es gibt keine Autokarawanen mehr nach Asien bzw. einfach "Richtung Osten", das hat meine Elterngeneration als Studentenjob gemacht (ich bin jetzt 39).

Das ist in der Tat 30-40 Jahre her und hat vor ca. 15 Jahren aufgehört. Als Kazakstan und die Mongolei unabhängig wurden, gabs mal so von 1990 bis 1995 noch mal ein Revival der Autokarawanen, aber danach verkomplizierte sich der Visa- und Papierkram und Weißrußland entdeckte den Transit als Geldquelle.

Heutzutage hat sich die "Flußrichtung" der Autos umgedreht. Hinterasien importiert aus Vladivostok, Südkorea oder Japan.

Tüv-fällige 300-Euro Autos werden mittlerweile schiffeweise nach Westafrika geschickt, auch da fährt niemand mehr hin.
jot
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Ungelesener Beitrag von jot »

Danke für die ausführlichen Informationen, nicht das was ich erhofft, aber schon befürchtet habe... ^^
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