Oldenburg in Tonga?

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mahimahi
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Oldenburg in Tonga?

Ungelesener Beitrag von mahimahi »

Die Globalisierung der Warenströme ist eine Realität, die inzwischen auch in Tonga sichtbar ist, wo alle Lebensmittel, die nicht zu den lokal erzeugten landwirtschaftlichen Grunderzeugnissen gehören, importiert werden müssen. Neben den zu erwartenden Produkten aus der Pazifikregion, vornehmlich dominiert von Importen aus Neuseeland, Australien und Südostasien, aber auch aus den USA, findet man ab und zu auch europäische Erzeugnisse wie Essiggurken oder Oliven im Glas aus Griechenland oder der Türkei. Leider reicht es dann aber doch nicht für französischen Wein und Käse oder gar Leckereien aus der Toskana.

Dafür gibt es jetzt Oldenburger Milch in Tonga. H-Milch, natürlich, denn Oldenburg liegt immer noch in Oldenburg und nicht in Tonga, wobei die Milch genau genommen von der DMK (Deutsches Milchkontor) Molkerei in Zeven stammt und von dort aus in über 80 Länder der Welt exportiert wird.

Den Weg nach Tonga findet sie nicht direkt, sondern über den Umweg nach China, wo deutsche Milch momentan zu den begehrtesten Importlebensmitteln gehört. Nach einem Milchskandal in 2008, bei dem sechs Säuglinge durch mit Melamin kontaminierte Milch eines chinesischen Produzenten starben und über 300.000 Babys erkrankten, ist Importmilch in China marktdominierend. Neuseeland gehörte zu den Hauptlieferanten, bis im August diesen Jahres der neuseeländische Lebensmittelkonzern Fonterra eine Rückrufaktion wegen (potentiell) kontaminierter Ware auslösen musste. Davon profitierte die deutsche Milchwirtschaft, die seitdem einen Export-Boom nach China erlebt.

Für Frischmilch werden in China bis zu € 3,50 per Liter bezahlt. Die H-Vollmilch in Tonga kostet immerhin "nur" ca. €1,50 pro Literpack (davon rund 30% Zoll und MWSt), was im wesentlichen an der nicht benötigten Kühlkette beim Transport liegen mag. Zum Vergleich: In deutschen Supermärkten beginnt der Literpreis für H-Milch mit 3.5% Fett derzeit bei €0,48.

Das bedeutet, dass man ein 1-Liter-Pack für weniger als einen schlappen Euro um die halbe Welt schippern kann - von Deutschland über China nach Tonga, wo es von der chinesischen Grosshandelsgemeinschaft en gros importiert, und dann auf die vielen kleinen chinesischen Shops auf den Inseln verteilt wird. Denn Oldenburger gibt es nur beim Chinesen.

Die tonganischen Supermärkte hingegen bringen neuseeländische Milch ins Land, die dann allerdings ca. 12% bis 15% teurer verkauft wird, als der Deutschimport aus China. Neuseeländische Milch ist derzeit teuer und kann nicht mit einem EU-Milchpreis konkurrieren, der mittels Quote und Subventionen manipuliert wird, um für den Verbraucher billige Preise und für den Erzeuger rentable Produktionsbedingungen zu garantieren.

Sinn macht das alles wohl nicht, wenn ein Konsumgut, dass es praktisch "um die Ecke" zu kaufen gibt, für mehr das Doppelte seines Warenwertes um die halbe Welt transportiert wird. Vom Carbon Footprint will ich gar nicht erst anfangen. Und dass sich bei solchen Preiisen auch keine tonganische, lokale Milchwirtschaft entwicklen kann, ist wohl auch klar.

Obwohl ich mich meistens auf sentimentale Weise schon freue, wenn ich mal etwas "aus deutschen Landen" hier in Tonga zu kaufen bekomme, so hat mich dieses Shoppingerlebnis jetzt doch nachdenklich gemacht.

(Bei deutschem Bier sähe das natürlich gaaaaanz anders aus...)

LG
Mahimahi
Manche Leute sollten einfach besser zuhause bleiben!
(Mahimahi findest du hier.)
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