Weltreise mit Kleinkind- schädlich für Kindesentwicklung?

[maia]

Hallo zusammen,

gerade habe ich dieses Forum entdeckt als ich bei Google auf der Suche nach Antworten war.

Kann dazu jemand konkreteres sagen?

Kein fester Wohnort, ständiger Wechsel in fast allen Lebensbereichen, immer neue Menschen, keine Arbeit, Eltern, die nur "rumlungern" und selbst kein nützlicher Teil der Gesellschaft sind..................

das sind Stichwöter, die mir eben einfallen.

bin gespannt.....

[Joerg]

Hallo,

wir sind mit unserer Tochter dieses Jahr 5,5 Monate unterwegs gewesen. Sie war beim Start der Reise 2,5 Jahre alt.

Als erstes würde ich sagen, das der Einfluss und Probleme bei der Kindesentwicklung durch eine längere Reise auch ganz vom Kind selber abhängt. Es gibt Kinder, die keine Probleme mit Ortswechsel, Unterkunftswechsel, usw. haben. Andere brauchen immer ihr gleiches Umfeld und gleichen Tagesablauf um Glücklich zu sein. Bei unserer Tochter haben wir das vorher mit kleineren Reisen versucht herauszufinden.

Wir haben unsere Tochter immer als gleichwertige Reisepartnerin angesehen. Auch sie konnte mitbestimmen, was wir machen wollen und was nicht. Dadurch haben wir natürlich auch viel Zeit auf Spielplätzen verbracht und ich bin jetzt Weltmeister im bauen von Strandburgen.

Vor der Reise war unsere Tochter sehr auf meine Frau fixiert, weil ich leider den ganzen Tag auf der Arbeit verbringe und nicht so viel Zeit für sie habe. Das hat sich durch die Reise komplett aufgehoben.

Was unsere Gesellschaft angeht, da würde ich nicht mit Verständnis rechnen. Wenn man, für eine bestimmte Zeit aus dem Job aussteigt um eine längere Reise zu machen, wird man schon komisch angeschaut. Hat man dann auch noch ein Kind, dann fehlt bei vielen Leuten absolut das Verständnis für so ein Vorhaben.

Wir haben unsere Reiseroute natürlich auch ein wenig anderes gestallte, als wenn wir ohne Kind gereist wären. Länder mit Malaria haben wir komplett gemieden.

Sie hat unterwegs mit so vielen Kindern gespielt. Es hat keine Rolle gespielt, das sie eine andere Sprache sprechen oder vielleicht sogar eine andere Hautfarbe haben.

Für uns kann ich nur sagen: Diese Reise war für uns alle ein großer Erfolg.

Gruß

Jörg

[StefanDA]

interessant wäre es sicherlich zu wissen, wie alt dein kind ist, maia. oder ist das nur theoretisch gesprochen?

[maia]

unser Sohn ist fast 13 Monate alt.

und meine Frage ist ganz praktisch gedacht, denn ein befreundetes Paar und ein Mann fahre bald LOS. Erst mal Richtung Griechenland.

Da könnten wir doch einfach mitgehen, sind in der Gruppe doch gut aufgehoben. (Mein Mann arbeitet nämlich)

[Erwin]

Unserem Kleinen hat es so sehr geschadet, dass er als 4 Jähriger jetzt 3 Sprachen versteht und spricht.
Ich kann dich beruhigen, deine Kinder werden nicht mehr Schäden davontragen als sie auch in Deutschland kriegen würden. Ganz im Gegenteil, sie werden weltoffener sein und weniger Berührungsängste haben. Und sie werden herumlungernde Eltern gestressten Eltern auf jeden Fall vorziehen.
Ich habe nur wenige Kinder getroffen, die nach Hause wollten. Am ehesten noch Teenager, die ihre Freunde vermisst haben. Aber auf jeden Fall keine Kleinkinder.
Gruss Erwin

[jeannette]

Hallo Maia,

Kinder können sich sehr gut auf sich verändernde Bedingungen einstellen, aber sie brauchen auch ein Gefühl von Sicherheit, das Gefühl, dass sie auf sicherem Grund stehen und verlässliche Bezugspersonen haben.

Ich glaube, dass es gerade wegen der ständig wechselnden äußeren Bedingungen besonders wichtig ist, dem Tag einen bestimmten Rhythmus zu geben. Dabei geht es nicht darum, den genauen Ablauf zu wiederholen, sondern einfach allgemein zu versuchen, bestimmte Dinge einzubauen, die sich regelmäßig wiederholen (Mahlzeiten, Vorlesen/-singen beim Zubettgehen usw.) die man also wiedererkennen kann. Die Wiederholung vermittelt ein Gefühl von Ruhe Sicherheit.

Eine eher für Dich anstrengende Situation könnte entstehen, wenn Dein Kind krank wird, also erhöhter Betreuungsbedarf entsteht, das Kind quengelt usw. Dann fallen eventuell allgemeine Belastungsfaktoren, wie keine ausreichende Rückzugsmöglichkeit, nicht genug Unterstützung, selbst in fremder Umgebung sein und sich einstellen müssen sehr viel mehr ins Gewicht.

Warum sollte Dein Kind Dich als "herumlungernd" empfinden? Es bewertet Dich doch nicht in Bezug auf Dein Verhalten als Mitglied einer Gemeinschaft. Und selbst wenn es das täte, hast Du Dich doch für diese Reise entschieden und könntest Deine Gründe vermitteln.

Viele Grüße
Jeannette

[Reiseflip]

Ich würde mich dem anschließen, dass für Kinder hauptsächlich das gefühl der Geborgenheit und Sicherheit wichtig ist. Wenn man spätestens jedes zweite Jahr den Standort wechselt wird das natürlich schwer zu vermitteln. Denn um eine gewissen selbstsicherheit zu Entwickeln, da gehört natürlich mehr zu als nur ein leibevolles Elternhaus.

Ein konstanter Freundeskreis, eine Umgebung in der man sich auskennt und wohlfühlt, die Sprache, über die man überhaupt erst mal bei einem umzug neue Freunde kennen lernt. Dem allen muss man natürlich Zeit zur Entwicklung geben. Eine Freundin von mir (17) verbrachte ihre ersten 4 Jahre in Afrika, lebte für 6 Jahre in Neuseeland und kam dann mit 14 nach Deutschland. Ihr haben die unterschiedlichen Kulturen sehr gut getan, sie ist ein sehr offener herzelicher Mensch, der Dinge erst mal hinterfragt, bevor sie felsenfeste Standpunkte vertritt. Doch sie hatte eben auch die Möglichkeit mehr als nur 1 Jahr, sondern unterschiedliche lebensphasen in einem land zu verbringen
. Zu Afrika verspürt sie keine Verbindung, nach Neuseeland sehnt sie sich aber oft und kehrt dort desöfternen in den Ferien zurück, um einen Teil ihrer familie dort zu Besuchen. ich glaube man darf ein Kind bloß nicht zuviel "rumreißen", so dass es für sich selbst nicht mehr entscheidet, wo seine Wurzeln liegen.

Schwierige Entscheidung...

[jot]

Ich finde bei einem Kleinkind schadet so eine Weltreise auf keinen Fall, das sind eher unglaublich viele Sinneseindrücke die es aufnehmen und verarbeiten kann, außerdem kann ein sehr inniges Verhältnis zu den Eltern aufgebaut werden - schließlich sind beide (inkl. Vater!) quasi rund um die Uhr bei ihm, das ist sicher x mal besser als wenn die Eltern beide arbeiten und es bei irgendeiner Tagesmutter ausgelagert wird.
Klar, es wird unterwegs aufgrund der häufigen Ortswechsel wohl nie eine länger andauernde Beziehung zu anderen Kindern aufbauen können, aber das würde ich nicht unbedingt als Notwendigkeit erachten. Stattdessen hat es die Chance viele andere Kinder/Kulturen kennenzulernen - insgesamt ist das Potential dass es offen und aufgeschlossen wird denke ich höher, wie wenn es zuhause in Deutschland einen festen "Spielpartner" vorgesetzt bekommen (weil sich die Eltern halt zufällig ganz gut verstehen).

Etwas skeptischer würde ich das ganze im Jugendalter sehen, da dort anhaltende soziale Bindungen außerhalb der eigenen Familie enorm an Bedeutung gewinnen.