Hallo allerseits,
da ich mich aktuell näher mit dem Thema "
autodidaktisch Chinesisch lernen" befasse und mittlerweile eine gut bestückte Lernmaterialiensammlung* (größtenteils in China zusammengesucht und unterwegs erworben) von an die 40-50 Lehrwerke und über 10 unterschiedliche Lernkartenarten (teilweise mit Tonträgern) besitze, kann ich einwenig aus dem Bereich zwitschern und eine klare Empfehlung für den deutschen Sprachraum aussprechen.
Diese lautet:
http://www.huang-verlag.de/! Ich habe mich voriges Jahr für meine HSK1-Prüfung (200 von 200 möglichen Punkten...yay!!) mit dem halben Verlagsprogramm
eingedeckt und bereue das trotz des relativ hohen Gesamtpreises überhaupt nicht.
Die Sachen sind folgerichtig und clever aufeinander aufgebaut und man lernt in kleinen, sinnvollen (sowohl HSK-, als auch praxisrelevanten) Häppchen. Lehrbücher, Arbeitsbücher, CDs, die Schriftzeichenschreiblernbücher... echt super und geradezu ganzheitlich!
Der gleichen Meinung sind übrigens auch all die Bewerter bei Amazon
Unvergessliches Chinesisch, wo ich damals auf die Lernsachen aufmerksam wurde.
Aktuell lerne ich täglich damit für ca. 1 Stunde. Die Sachen sind didaktisch hervorragend und überfordern nicht. Und gerade das ist wichtig, um am Ball zu bleiben!
Natürlich gibt es auch Aspekte, die ich an genau diesem Lernmaterial nicht mag:
1. Die einzelnen Komponenten empfinde ich als relativ teuer. Für ein Komplettset aus
Einstiegsmaterial &
HSK1 Vorbereitungsmaterial inkl.
4 Sprachtraining-CDs bezahlte ich damals ca. 150-160 Euro. Die Lerneffizienz und die Güte des Materials rechtfertigt aber unterm Strich den Preis. Theoretisch kann man selber aussuchen, welche Komponenten man sich kauft. Praktisch empfehle ich, ruhig alles zu nehmen (Motto: "nimm alles, dann brauchst du nichts!"). Mir hilft das sehr!
2. Die verlagseigenen
chinesischen Vokabel-Lernkarten empfinde ich als ziemlich ineffizient und trotz des praktischen Beispielsatzes als etwas langweilig.
Dafür sind die Plakat-artigen
chinesischen Zeichentafeln und die
Elementarzeichen-Bücher großartig!
Die überteuerten
chinesischen Vokabelsticker kann man sich imho sparen.
3. Die
chinesischen Sprachtrainings-CDs passen inhaltlich gut zu dem Lernbuch, aber mir liegt die relativ hohe Stimme der Sprecherin (wird wohl Frau Hefei Huang selbst sein, wer sonst) nicht. Ich habe vorhin zufällig gesehen, die CDs seien neu vertont worden.. darüber kann ich aber noch nichts aussagen.
4. Im Anhang des
chinesischen Arbeitsbuch gibt es leider nicht zu jeder Aufgabe des Arbeitsbuches die Musterlösung. Nur zu den "Hauptaufgaben". Gut, das Material ist derart folgerichtig und schlüssig aufgebaut, dass ich bisher überhaupt keine Musterlösungen gebraucht hätte, aber grundsätzlich sollten imho alle Aufgaben besprochen sein. Schließlich ist ja niemand da, den man fragen könnte!
5. Über die grafische Umsetzung der Lernreihe, Farbwahl etc. kann man streiten. Innen ist das Material sehr übersichtlich, aber ziemlich langweilig gelayoutet. Doch vielleicht ist gerade das der Trick: die Erwartbarkeit des Layouts hilft beim Lernen? Außen peppt bloß das Bild der Lehrerin und Verlegerin Frau Hefei Huang die Sache auf.. aber die Cover-Farben sind überwiegend schrecklich. Buah!
6. Hier und da haben sich in den Materialien Schreibfehlerchen eingeschlichen (dies bereitet mir als Sprachpedantin geradezu körperliche Schmerzen, zwinker). Diese Fehlerchen werden sicherlich (hoffentlich?) die nächsten Auflagen nicht überleben
. Ich kreise sie mit dem Kuli beiläufig ein und übe mich in Nachsicht.
7. Ich lerne gern unterwegs und gern interaktiv. Ich verstehe, dass so ein kleiner Verlag.. quasi der Selbstverlag der Lehrerin Hefei Huang (sie lehrt nach eigener Auskunft in Erlangen) und Dieter Ziethen kein App-Monstrum für iOS, Android usw. herstellen kann. Wünschenswert fände ich eine schöne Tablet-App aber schon
und wäre bereit, dafür extra bis zu 10 Euro zu zahlen.
Neben diesem Material empfehle ich noch die
Blanco-Schreibhelfte, die der Verlag ebenfalls verkauft. Ich habe mir direkt nen Zehnerpack mitgekauft, die kosten fast nix. Um mir die chinesischen Zeichen einzuprägen, schreibe ich sie in der ersten Übungsphase mindestens 30 Mal - zuzüglich der Aufgbenlösung im Arbeitsbuch. Nach ca. 40-50 Mal Schreiben habe ich das Gefühl, das jeweilige Zeichen wirklich zu beherrschen!
Übrigens brauchen die Chinesen selbst etwa gleichviele Schreibdurchgänge, wenn sie ihre Schriftzeichen in der Grundschule erstmals lernen. Das hat mir mein Chinesisch-Tandempartner mal verraten
Ansonsten habe ich bezüglich Lernmaterial zum Chinesischlernen zwei weitere Empfehlungen:
1. Den inhaltlich auf Konversation getrimmten englischen Podcast von
Serge Melnyk http://www.melnyks.com/ den es kostenlos bei iTunes gibt. Das übrige Material kenne ich nicht, wäre aber bei spontanem Ausbruch von Reichtum gerne bereit, es anzutesten
. Alternativ kann ich mir vorstellen, die Mitgliedschft auf Serges Seite mit 2-3 anderen Lernwilligen zu teilen
. Freiwillige hier?
2. Das kostenlose Android-Programm
"Anki Droid" fürs Vokabel-Pauken. Dort kann man eigene "Flashcards", also digitale Lernkarten erstellen... oder hilfsweise einen der vielen "Stapel" herunterladen, die andere für sich schon erstellt und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt haben. Mein Telefon ist aktuell einwenig schwach auf der Brust, daher läuft Anki bei mir nicht sehr stabil. Aber der Linguist, Sprachvirtuose (Deutsch, E nglisch, T hai, Chinesisch, R ussisch, E speranto etc. pp. fließend!!!) und nebenbei Sammler exotischer Wörterbücher Andrè Müller aus Leipzig, schwört auf diese App. Was ich von der App bisher sah, ist jedenfalls nicht schlecht! Für iOS kostet die App nerviger Weise 20 Euro, die hab ich aber nicht ausgegeben. 'N fünfer wär okay.. but please...!
Nur weil jemand ein Apfelgerät spazieren trägt, muß man es mit den App-Preisen nicht übertreiben, stimmts?
3. Stichwort
Rosetta Stone chinesisch..
hmmja. Dazu gibts ja geteilte Meinungen!
Abgesehen von der Tatsache, dass ich das Chinesische nicht auf deren Webseite im Demomodus ausprobieren kann (schwache Leistung, liebe "Profis"!), finde ich das Konzept durchaus drollig. Ein Kumpel hat das Programm und ich hoffe, er findet bald Zeit es mir bei sich zu zeigen. Ob ich das dann zusätzlich kaufe, werde ich mir aber schwer überlegen (275-400 Euro!!!)!
Ich habe mir vorgenommen die HSK-Prüfungen zu machen, aber da hilft mir Rosetta eher wenig weiter. Trotzdem ist die assimilierende Methode nicht doof, wie ich vor einigen Jahren am Selbstlernkurs "Assimil - Schwedisch ohne Mühe" festgestellt habe.
Nach dem Kauf des ziemlich drögen "Assimil - Die chinesische Schrift"- Buches habe ich mir jedoch weitere Versuche, mit dem Assimil-Verlag zu lernen, gespart. Rosetta Stone werde ich mir bei Gelegenheit gerne näher anschauen und dann ggf. berichten. Im Hinblick auf mein Vorhaben bin ich aktuell bedingt überzeugt, aber als Zusatz wäre das evtl. interessant.
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Grundsätzlich kann ich beim Chinesischlernen innerhalb von Deutschland aus meiner Sicht und Erfahrung folgende Vorgehensweise empfehlen:
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1. Sich klar werden, wozu man das macht und welche Ziele man verfolgt. Also HSK-Prüfungen, oder urlaubsweise, oder für einen Studienaufenthalt.. usw. Man kann in China zwar ganz passabel ohne Chinesischkenntnisse reisen, aber mit Sprachkenntnissen ist das nochmals eine andere Kategorie. In jedem Fall sollte einem klar sein, dass Chinesischlernen zwar keine intellektuelle Herausforderung, aber dennoch anstrengend ist: Ganz viel zeitraubende Fleißarbeit. Achtsamkeit! Genau hinhören, genau nachsprechen... viel wiederholen. Ich finde trotzdem, dass sich das lohnt
2. Den Einstieg in einer Lerngruppe finden, mindestens einige Wochen (besser einige Monate) lang. Ob VHS, lokaler UNI-Kurs, lokale Sprachschule.. egal was. Man muss das Gefühl haben, die Töne wenigstens halbwegs im Ohr zu haben und das PinYin nachvollziehbar lesen zu können (es orientiert sich ja am englischen Sprachraum! Das muss man beim Lesen mitbedenken!). Fürs weitere Lernen finde ich eine Lerngruppe aber zu anstrengend (immer hinlatschen...Zeit verlieren die ich eigentlich zum Lernen nutzen möchte) und kontraproduktiv. Grund: Jeder hat ein anderes Lerntempo und meiner Erfahrung nach wird in Lerngruppen praktisch nicht geschrieben/schreiben geübt. Das finde ich eher schlecht... zumindest für meine eigenen Lernfortschritte. Nur wenn ich eine Vokabel "blind" schreiben kann, empfinde ich sie als verinnerlicht. Das ging mir schon beim Lernen der deutschen Fremdsprache so, doch beim Chinesischen ist dieser Effekt noch stärker.
3. Das zu den eigenen Zielen passende Lernmaterial finden (ggf. mit gelegentlicher externer Unterstützung durch einen Muttersprachler) und autodidktisch bis an den Punkt durchackern, dass eine Konversation sinnvoll erscheint.
4. Tandempartner suchen und fröhlich socializen
. Chinesen sind gesellige und lustige Menschen... da ist es bestimmt kein Fehler, sich Freunde zu machen
.
5. Nach China reisen, Sprache nutzen
, glücklich sein.
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Ja, das ist grob der Lern-Ablauf, den ich mir nach meinen bisherigen Erfahrungen vorstelle und daher für ein ernsthaftes Chinesisch-Lernen in
Deutschland empfehlen kann.
Ich habe übrigens aus Zufall mit Punkt 5 ohne Sprache!) angefangen, anschließend Punkt 2 absolviert und beim Knabbern an Punkt 4 festgestellt, dass ein Tandempartner-Fund in meinem damaligen Sprachstadium viel zu früh geschehen war. So hatte ich mit ihm automatisch mehr über Deutsch und Deutschland gesprochen als dass ich von seinem Sprachschatz hätte sinnvoll profitieren können. Jetzt habe ich Punkt 1 hinter mich gebracht, Punkt 2 absolviert und hantiere recht erfolgreich mit Punkt 3.
Ich hoffe, dass ich nach der dritten HSK-Prüfung soweit bin, mir lokal einen neuen Tandem-Partner zu suchen (mein ehemaliger ist zwischenzeitlich berufsbedingt sehr weit weg gezogen, aber taktischer Weise ist bei mir gleich um die Ecke ein ganzes Studentenwohnheim voller Chinesen!) und was mit diesem neuen Menschen in meinem Leben zu unternehmen. Ausflüge zu machen, viel quatschen. Learning by Brabbling
. Mal schauen! Fühle mich hochmotiviert!
Wünsche allen *Lernern* den ultimativen Erfolg!! (ohne Fleiß kein Preis, gell!)
Grüße,
sphaera
*PS: Nicht wundern, dass ich so viele Bücher zu dem Thema habe. Hintergrund ist nicht nur mein persönliches Interesse an der Sache (inkl. kleine linguistische Sammelwut), sondern nicht zuletzt mein Diplomthema (nein, nicht Sinologie), das sich um Chinesisch-Lernmaterialien drehte.
Für mein Diplom habe ich nach intensiver Recherche (und angesichts der Tatsache, dass ich restlos alle Chinesisch-Lernkarten die ich je irgendwo entdeckte, für unzureichend befand) ein neues, vielseitig nutzbares Lernkartensystem für chinesische Vokabeln erarbeitet.. aber das nur nebenbei.