Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.ä.

Nach längerem Reiseleben ist nichts mehr, wie es vorher war: Die Heimat nicht und man selbst schon gar nicht. Und dann trotzdem: Business as usual?
Du bist nicht allein mit dieser Erfahrung - tausche Dich aus!
Sonnenanna
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Re: Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.

Ungelesener Beitrag von Sonnenanna »

Hallo Ihr :)

ich bin heute nach einem halben Jahr reisen - eine Woche zurueck und muss sagen: Nix Schock.

Die Sonne scheint, Deutschland ist Deutschland geblieben. Es hat sich nicht viel verändert. Als ich den Radiomoderator von meinem Lieblingssender, dass erste Mal wieder gehört habe, kam es mir vor als würde ich einen alten Freund treffen. Sie spielen sogar noch die gleichen Songs im Radio. Als wäre die Zeit stehen geblieben, so kommt es mir vor. Als hätte ich mich mal kurz davon getraeumt. Aufgewacht und weiter geht es.

Ich habe noch frei und inzwischen kommt es mir vor als wäre ich schon wieder ewig zurueck. Dabei hab ich es nicht mal übers Herz gebracht meinen Rucksack ganz auszupacken ;-)

Als ich von meinen 4-wöchigen Reisen zurueck gekommen bin, war das Eingewöhnen viel schlimmer. Allerdings war es auch Winter und kalt. Und die Arbeit ging sofort wieder los.

Deutschland im Sommer ist schon in Ordnung.
Die meisten Veränderungen spuere ich in mir.

Gruesse in die Welt!

Anna
Schmetterlinge fliegen. . . Genau.
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juditscha
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Re: Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.

Ungelesener Beitrag von juditscha »

komm grade aus ecuador wieder war da ein jahr und es ist komisch sehr sehr komisch...
mal denke ich alles wie freueher dann wieder alles anders...
mal denke ich ich bin wieder voll da dann lebe ich ploetzlich wieder in meiner eigenen welt...
mal fuehlt es sich an asl waere ich gar nicht in ecuador gewesen ist alles so weit weg und dann holt es mich alles wieder auf...
mir geht es ziemlich gut, dafuer das ich bitterlich geheult habe als ich meinen kleinen bruder in den arm genommen habe um mich zu verabschieden, dafuer das ich nicht weg wollte... ich lenke mich ab bin nur unterwegs heute im kino haette ich dann fast geheult habe einfach nicht geredet... klar deutschland im sommer, schoen... aber eben ZU schoen, alles wie aus plastik!!!!
als iqir in caracas umsteigen muessen kam schon die erste deutsche ordnung... tickets nach farben geordent, ne das war mir schon zu viel... ist ja toll, aber ich kann auch ohne leben...
dann in dem flugzeug ploetzlich alles in deutsch, es war so komisch und ich wollte kein deutsch reden...
dann in deutschland diese polizei viel zu ernst...
es geht einfach nicht...
und dann die autobahnen es war alles wie im film... ganz ganz komisch...
das este was ich gemacht habe im internet ist ok in mein austauschschuelerforum gehen und dann nach weltreise suchen, nach dem abi muss ich wieder raus ich habe fernweh bekommen... klar das ich mich auf meine familie gefreut habe und ich mich auch wohl fuehle aber ich muss weg es draeht sich doch alles um klamotten und so ein mitleid mit den armen indigenas in ecuador haben sie soch alle, aber dahin oder so ne...
ka eigentlich bin ich echt nicht so negativ und lach auch voll viel aber wenn ich dann alleine bin es ist einfach so komisch, einfach so schlecht gelaubnt oder so... und ich will das ecuador naeher ist es ist so weit weg... in meinem gefuehl und von der entfernung... nur in meinem herzen mein herz ist in ecuador geblieben... und spanisch ich will spabisch reden...
naja ok ich bin garde dabei mich wieder einzugliedern wie man merkt,..
Ecuador- sí se puede...

die welt ist so gross, damit wir uns in ihr zerstreuen...
nikita
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Re: Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.

Ungelesener Beitrag von nikita »

ich kann mir gut voratellen wie dir zumute ist. ich habe genau davor angst.
bin seit 10 monaten nur mehr am english reden und habe nun der schweiz fuer eine woche nen besuch abestattet. ich hatte echt probleme- ich denke und traeume nun in englisch und muss das zuerst mal wieder ins deutsche ueberstezen. da wehrt sich was dagegen.
ich hoffe die naechsten eineinhalb jahre vergehen nicht so schnell.
lg nikita
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Der_Felix
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Re: Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.

Ungelesener Beitrag von Der_Felix »

Ist schon interessant, zu lesen, wie es anderen so ergeht, denn auch ich finde es noch immer komisch, zurück zu sein.

Seit gut vier Monaten bin ich nun wieder hier - und lüge, während ich das schreibe.
Denn auch wenn ich zwar wieder in Deutschland esse, trinke, schlafe - so richtig angekommen bin ich noch lange nicht.
Und ich empfinde das als angenehm!
(Gut, sicher bin ich manchmal anstrengend für meine Mitmenschen, weil ich noch immer so viel zu erzählen hätte: Du sagst Baum - ich sage: ja, in Argentinien habe ich einen Baum gesehen, und der war ... und da ist passiert ... ;-) ich versuche mir das zu verkneifen).

Ich genieße es, meine Heimat mit einer gewissen Distanz zu betrachten und mich vielleicht sogar als eine Art Weltbürger zu begreifen, der prinzipiell überall zu Hause sein kann. Es ist schön, das Gefühl zu haben, dass der eigene Horizont etwas weiter geworden ist.

Anfangs habe ich gedacht, es sei das "Urlaubsgefühl", was einen unterwegs halt einfach lockerer, offener und vor allem entspannter macht und das jetzt noch nachwirkt - aber dem ist nicht so.
Eines der besten Beispiele ist wohl das Autofahren. Da stehe ich irgendwo auf der A46 im Berufsverkehr im Stau und muss einfach nur laut lachen, weil ich es so albern finde, wie verbissen die Leute in den anderen Autos hinterm Steuer sitzen und krampfhaft darüber wachen, dass auch Ihr Nebenmann/frau nicht wohlmöglich doch in die kleine Lücke vor dem eigenem Kühler einschert.

Vor kurzem hat mich eine gute Freundin gefragt, wo (und ob) ich eigentlich einmal eine Familie gründen möchte, ob ich in Deutschland alt werden will und in welchem Land ich gerne auf Dauer leben würde, wenn nicht hier.
Um ehrlich zu sein: ich habe keine Ahnung!
Aber ich genieße das. Ich brauche mich nicht festzulegen und kann mich, zumindest vom Grundsatz her, jeden Tag neu entscheiden.

Ein schönes Gefühl!
Wer immer nur in die Fußstapfen anderer tritt hinterlässt keine eigenen Spuren!
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SarahsWelt
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Re: Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.

Ungelesener Beitrag von SarahsWelt »

Ich kann das Gefühl, was hier so viele von euch beschrieben habe wirklich gut nachvollziehen. Ein Aufenthalt im Ausland hinterlässt immer seine Spuren, man hat seinen Horizont ein ganzes Stück erweitert und sich selbst verändert. Oft fällt einem das während des Reisens gar nicht so sehr auf, aber dafür umso mehr wenn man wieder zu Hause ist.

Ich weiß noch genau wie es mir während meiner Zeit in den USA ging. Alle redeten vom Kulturshock, den man in den ersten Wochen dort bekommen wird. Bei mir davon keine Spur, habe mich dort sehr schnell eingewöhnt. Den richtigen Kulturschock hatte ich dann allerdings als ich wieder nach Hause kam. Ich weiß noch wie ich in Frankfurt aus dem Flieger stieg und mir zwei Deutsche mit Bildzeitung unter dem Arm entgegen kamen und sich über das Wetter aufregten. Willkommen zu Hause...es hat sich nix geändert. Und das war für mich vielleicht das erschreckenste..das sich zu Hause so wenig geändert hatte, während ich das Gefühl hatte ein ganz anderer Mensch zu sein. In den ersten Wochen hatte ich eine Trotzreaktion gegen alles typisch deutsche ( so nach dem Motto " in den USA ist alls besser!"). Meine Zeit in den USA waren mein einziges Thema für lange Zeit ...ich muss glaube ich echt nervig gewesen sein :wink:

Aber irgendwann gewöhnt man sich dann auch wieder an Deutschland, aber es dauert wirklich eine ganze Weile...ich glaube bei mir waren es so 6 Monate.

Jetzt bin ich gerade für 6 Monate in Italie gewesen und da war irgendwie alles gan anders. Während ich die USA irgendwie als mein 2. Zuhause empfunden habe, habe ich mich in Italien nie so ganz einleben können ( und das obwohl man meinen möchte, dass die Unterschiede zwischen Italien und Deutschland nicht so riesig wären). Und so habe ich in Italien gelernt die "typisch deutschen" Dinge zu schätzen. Mein Blick hat sich dadurch nochmal geweitet und ich fand es auch schön sich auf die Heimat freuen zu können.

Ich kann mir trotzdem sehr gut vorstellen, dass ich Deutschland in der Zukunft mal den Rücken kehren werde...ob für immer weiß ich nicht, aber mit Sicherheit für einige Jahre. Ich denke als Weltreisender hat man eben mehr als nur ein Zuhause!
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Coogar
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Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.ä.

Ungelesener Beitrag von Coogar »

Ich hatte mich nach meiner Rueckkehr mit ner Freundin zum Sport verabredet, einen Tag bevor ich wieder auf die Arbeit musste. Sie sagte, der erste Tag wird bestimmt komisch, aber am 2. fuehlst du dich, als seist du nie weggewesen.
Und das hat gestimmt. Ich habe mich dermassen schnell wieder hier eingelebt, wie ich es nie fuer moeglich gehalten haette.
Trotzdem hat sich viel veraendert. Als haette sich ein kleines buntes Extrachipkaertchen in ein Hirn geschoben.
Ich glaube, bei meiner Umwelt kommt davon nicht viel an. Ich lebe und arbeite hier wie vorher auch, bin hoechstens ein bisschen ruhiger geworden. Aber ich fuehle mich, als sei alles in mir viel groesser als es jemals war, groesseres Herz, groesserer Denkapparat, groesseres Bewusstsein, groessere Ideen. Tja, und das ist irgendwie...gross! :wink:
What is the use of straining after an amiable view of things, when a cynical view is most likely to be the true one?
G.B.Shaw
Sonnenanna
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Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.ä.

Ungelesener Beitrag von Sonnenanna »

Hey! :)

Nach drei Monaten Urlaub in Deutschland bin ich dann doch wieder losgezogen. In die naehere Auswahl kamen: Irland, Spanien oder Nepal. Yes , Nepal hat gewonnen. Bin gerade so happy ueber meine Entscheidung :-)

Die Idee hatte ich schon im Hinterkopf als ich in Deutschland wieder eingeflogen bin. Eigentlich kein Wunder, dass mir das Ankommen somit leicht viel.

Ich habe das Gefuehl ich fuehle mich hier mehr Zuhause, als ich es die letzten Wochen in Deutschland getan habe. Ich bin mir nicht sicher, ob es an Nepal liegt oder einfach daran, dass ich seit Wochen im selben Bett schlafe, im selben Restaurant meinen Reis esse oder die selben Kinder lachen hoere. Oder, weil ich das Gefuehl habe hier mehr Anja sein zu koennen.

In vier Wochen werde ich meinen Rucksack packen und nach Indien reisen. Bestimmt mit Traenen im Rucksack. Aber auch Vorfreude. Es gibt noch viel zu sehen :)

Liebe, liebe Gruesse...

Anja
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Ungarnfreund
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Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.ä.

Ungelesener Beitrag von Ungarnfreund »

Hi,

ich reise zwar nicht soviel, aber ich habe eine Ferienwohnung in Ungarn.

Das ist, wie wenn man zwei Leben hat.

Wenn ich ankomme und die Wohnung "an" habe (Heizung, Wasser, Klimmaanlage, gelüftet usw.) beginnt das Leben da, wo es aufgehört hat.

Man liest das Buch weiter, das neben dem Bett liegt, man telefoniert mit seinen Freunden, geht in seine Stammkneipe, so als wäre man nie weg gefahren.

In Deutschland ist es genauso. So stelle ich es mir nach langen Reisen auch vor.

Kommisch!

:roll:

Gruß

Michael
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MArtin
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Wiedereingliederung in den Alltag nach Langzeitreisen o.ä.

Ungelesener Beitrag von MArtin »

Hallo :)
Ungarnfreund hat geschrieben:... Das ist, wie wenn man zwei Leben hat.
Wenn ich ankomme ... beginnt das Leben da, wo es aufgehört hat.
So stelle ich es mir nach langen Reisen auch vor...
Treffender Vergleich finde ich.
Hat sich bei uns auch immer wieder gezeigt.
"Das Sein ändert das Bewusstsein" - und überall kommt es darauf an, was man draus macht.

Liebe Grüße :)

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