Volonteer-Projekte - Aus Freude am Helfen?

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Jon
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Volonteer-Projekte - Aus Freude am Helfen?

Ungelesener Beitrag von Jon »

Ich habe hier im Forum in den letzten Tagen immer wieder von Leuten gelesen, die Interesse an den Mitarbeit an einem Volunteer-Projekt haben. Dieses Interesse geht sogar so weit, dass es Leute gibt, die bereit sind viel Geld dafür zu bezahlen, ohne Lohn im Ausland arbeiten zu dürfen. Googelt man nach dem Begriff "Volunteer", findet man zahlreiche bezahlte Anzeigen von Agenturen, die so etwas anbieten. Es scheint sich also um einen regelrechten Markt zu handeln und zahlreiche Leute zu geben, die unbedingt helfen möchten.

Über den Sinn und die moralische Fragwürdigkeit solcher Agenturen soll es hier aber nicht gehen. Was ich mich viel mehr frage, ist woher kommt dieses Verlangen nach unbezahlter Arbeit. Unsere Gesellschaft hat ja den Ruf immer egoistischer zu werden.
Woher kommt diese Gegenbewegung?
Geht es darum ein besseres Gewissen zu haben, weil man Bedürftigen hilft?
Geht es darum Anerkennung und Dankbarkeit zu bekommen?
Ist es die besondere Erfahrung abseits eines routinierten Alltags?

Ist Freiwilligenarbeit nur etwas, was sich auf ein paar Gutmschen reduzieren lässt? Oder kann es sein, dass das Verlangen anderen zu helfen eigentlich im Inneren von uns allen vorhanden ist? Dass es von vielen nur ganz tief begraben wird und von oberflächlichen und materiellen Wünschen bedeckt wird? Ist dieses Verlangen vielleicht sogar ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft ist, der es ermöglicht, dass wir uns gegenseitig stärken?

Ich würde mich über Meinungen darüber freuen.
Insbesondere natürlich von Menschen, die viel Zeit und/oder Geld investieren, um zu helfen. Ich hoffe, der Thread ist hier im Forum in Ordnung.
Ich selbst plane keine Volunteer-Projekt oder die Mitarbeit daran, mir kam diese Frage nur irgendwie auf und ich finde sie recht interessant.
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Astrid
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Volonteer-Projekte - Aus Freude am Helfen?

Ungelesener Beitrag von Astrid »

Hallo Jon :)

Schön, dass Du das Thema angeschnitten hast!
Was ich mich viel mehr frage, ist woher kommt dieses Verlangen nach unbezahlter Arbeit. Unsere Gesellschaft hat ja den Ruf immer egoistischer zu werden. Woher kommt diese Gegenbewegung?
Freiwillige, die sich unbezahlt engagieren, finden sich eigentlich in jeder Gesellschaft, sei es im Rahmen von "extended families", Nachbarschaftshilfe, Gemeindearbeit, in Vereinen, (kirchlich-) caritativen Einrichtungen, in Interessengruppen oder auch dem Teil der Politik, der noch relativ wirtschaftsunabhängig "sozial" ist.
Insofern bin ich mir nicht sicher, ob es sich wirklich um eine "Gegenbewegung" handelt, sondern halte genuine Hilfsbereitschaft eher, wie auch schon von Dir angesprochen, dem "Menschsein" inne wohnend und für ein wesentliches Merkmal ("Grundpfeiler") von jeder menschlichen Gesellschaft / Gemeinschaft.
In unserer derzeitigen, die uns weismacht, dass an Allem und Jedem ein Preisschild hängen muss, ist sie nur "widernatürlich" etwas unterdrückt. ;)

Geht es darum ein besseres Gewissen zu haben, weil man Bedürftigen hilft?
Geht es darum Anerkennung und Dankbarkeit zu bekommen?
Ist es die besondere Erfahrung abseits eines routinierten Alltags?
Ist Freiwilligenarbeit nur etwas, was sich auf ein paar Gutmschen reduzieren lässt? Oder kann es sein, dass das Verlangen anderen zu helfen eigentlich im Inneren von uns allen vorhanden ist? Dass es von vielen nur ganz tief begraben wird und von oberflächlichen und materiellen Wünschen bedeckt wird? Ist dieses Verlangen vielleicht sogar ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft ist, der es ermöglicht, dass wir uns gegenseitig stärken?
Die Motivationen sind sicherlich verschieden und somit ein Sammelsurium der von Dir angesprochenen Punkte.
Während der eine den Wunsch hat, anderen zu helfen (Gutmensch?), Verantwortung und Einfluß zu nehmen um Verhältnisse zum Besseren zu verändern, möchte ein anderer vielleicht sein eigenes Wissen erweitern oder weitergeben.
Gemeinsam ist vermutlich allen, dass es Bereiche sein müssen, die dem einzelnen sinnvoll erscheinen und Freude bringen (auch die wird im momentan "Normalen" durch Profitmaximierungspriorität eher unterdrückt).
Insofern teile ich Deine Ansicht, dass der Wunsch, sich gemeinsam mit anderen für Menschen oder eine Sache zu engagieren, Teil unseres Mensch-seins ist und die Einführung von Geld oder die Delegation von Verantwortung an einen Staat diese humanistischen Werte und humanitäre Selbst- und Fremdverantwortung eher verdeckt als fördert.

Ganz verdreht wird es natürlich, wenn marktwirtschaftlich operierende Organisationen die genuine Hilfsbereitschaft anderer (aus-) nutzen, um mit diesem Fremd-Idealismus und dieser Fremd-Arbeit selbst Profit zu machen... :roll:

Die Tatsache, dass sich hier im WRF überzufällig viele treffen zu scheinen, die sich für Volunteer-Projekte im Ausland interessieren beruht m.E. darauf, dass bei allen, die sich hier engagieren, ein prinzipielles Interesse am Reisen und, durch die Regelung des "Postens auf Gegenseitigkeit" auch ein Mittragen altruistischer Prinzipien besteht.
Die Motivationen, sich an einem Freiwilligen-Projekt zu beteiligen sind dabei vermutlich ähnlich vielfältig wie bei sonstigen ehrenamtlichen Engagements: eine Portion Idealismus, bestehend aus einer altruistischen und egoistischen Komponente. ;)
Z.B.
- die Suche nach einer sinnvollen Betätigung, für die es ideelle Anerkennung, eine Erweiterung des persönlichen Erfahrungsschatzes oder einfach das Gefühl gibt, dass man mit dem persönlichen Einsatz einen Unterschied im Leben von Anderen macht
- das Bedürfnis etwas Ungewöhnliches / Abenteuerliches außerhalb der Alltagsroutine zu tun (Rechtfertigungsgrund für den eigenen Selbstverwirklichungstrip), bei der man wie nebenbei eine erste Anlaufstelle in einem fremden Land hat, die einem Gelegenheit gibt, Kontakte zu knüpfen, nicht allein zu sein und somit ein Gefühl von Sicherheit vermittelt...

Bevor ich aber noch den Eindruck hinterlasse, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, gibt es ja vielleicht den ein oder anderen, der seine persönliche Motivation zur Aufnahme einer Volunteer-Arbeit oder einfach seine eigenen Gedanken zu diesem Thema schildern möchte :).

Liebe Grüße
Astrid
Eine fremde Kultur ergründen zu wollen, ist wie der Versuch, den Horizont zu erreichen... Irgendwann steht man wieder an dem Punkt, an dem man begonnen hat - doch der Blick zum Horizont ist ein anderer. [A. Bokpe]
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