Wir (mein Mann und ich, beide um die 40) sind im Juli nach unserer achtmonatigen Weltreise wieder heimgekehrt, suchten uns eine neue Wohnung, kauften Möbel und fingen nach Sabbatjahr und unbezahltem Urlaub wieder an zu arbeiten. Ich hatte tatsächlich besonders beim Möbelkaufen öfter den Gedanken: Wie soll ich das bloß alles wieder loswerden? und das Gefühl, mich wieder zu "beschweren", nach einem Jahr Leichtgepäck. Aber das war eben Urlaub.
Und nun warte ich noch auf das wirkliche Loch. Aber stattdessen ist da bisher eine riesige Dankbarkeit für das größte Jahr meines Lebens, das ich für immer im Kopf und Herzen tragen darf.
Ich kann mich dem negativen Blick auf Deutschland nicht anschließen, vielmehr hab ich während der Reise manchmal fast zärtliche Gedanken an meine Heimat gehabt. Was alle Heimkehrer hier und immer vermissen und dann hier natürlich nicht finden können, ist das Gefühl von Freiheit, das man immer im Urlaub hat. Darum kann ich auch nicht sagen: oh, hier doofe Arbeit, eingeengt, alles spießig, da alles locker, entspannt und glücklich. Würde man ein Jahr durch Deutschland mit ausreichend Geld eine Rucksackreise machen, würde man sich -vermute ich- ähnlich frei fühlen können. Arbeit ist Arbeit und Schnaps ist Schnaps
Mein Leben kann doch nicht nur Sonne und Urlaub sein - so gern ich auch immer einen Zimmerservice hätte, jeden Tag mich nur mit der Frage "Wo gehen wir heute esen?" beschäftigen würde oder ständig einem neuen Abenteuer vor der Tür begegnen würde.
Wie oft sagt man sich, dass hier alles so eng und reglementiert ist. Aber wie oft hab ich mich gefragt, wie hoch wohl die Unfallrate (zudem ohne anschließende medizinische Versorgung) wohl in vielen Ländern ist? Wieviele Kinder diese schrillgiftigen Putzmittel schon getrunken haben, weil kein Verbraucherschutz vor ihnen warnt? Wieviele Leute lieber in Bussen fahren würden, die heil sind und mit Busfahrern, die einen nicht wie die letzten Henker irgendwohin brettern? Ich kann mich hier in Deutschland tatsächlich bei jemandem beschweren, wenn der Bürgersteig kaputt ist oder kein Schulbus fährt, weil wir ein Grundvertrauen in unseren Staat haben, soviel es auch zu schimpfen gibt. Dies ist eine zivilisatorische Leistung, die mir auf dieser Reise sehr bewusst geworden ist und die viele Menschen in den Ländern, in denen wir waren, sicher so nicht kennen.
Aber grundsätzlich kann und muss man sein Leben ja nach dem einrichten, was einem wichtig ist. Zwischen "spießiges Leben mit Eigentumswohnung " und "Ímmer reisen" liegen ja auch noch tausend Varianten. Ich wollte nie ein eigenes Haus, kein großes, teures Auto, keine Schulden, nicht mal Kinder- das macht öfter reisen einfacher.
Ich glaub, man darf nicht vor etwas wegreisen, man sollte nur zu etwas hinreisen- dann kann man auch gut wiederkommen. Und dann kann man schließlich auch all das in sein Leben hier einfließen lassen, was man auf Reisen so liebt: Mehr Lachen, mehr lächeln, mehr helfen, offener sein, mit allen sprechen - auch die Deutschen sind irgendwie nur Menschen, die sich darüber freuen.
Aber mal sehen, ob es uns nochmal packt...
Lg Cinta