Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Nach längerem Reiseleben ist nichts mehr, wie es vorher war: Die Heimat nicht und man selbst schon gar nicht. Und dann trotzdem: Business as usual?
Du bist nicht allein mit dieser Erfahrung - tausche Dich aus!
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Petra
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Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Ungelesener Beitrag von Petra »

vanessa-z hat geschrieben: Dazu kommt, dass ich für die Reise meinen Job gekündigt habe und jetzt erst mal nach was neuem suchen muss. Mittlerweile ist es mir fast egal wo ich arbeiten werde, hauptsache schnell, noch ein Jahr, um meine Ausbildung zu komplettieren, und dann möchte ich ganz lange reisen, ein Jahr. Diesmal ohne Netz und doppelten Boden, so richtig mit Wohnung auflösen und so. ich weiss zwar nicht, ob es wirklich dazu kommt, vielleicht ist dann ja ein Mensch hier, wegen dem ich nicht weg möchte... oder der Job ist zu gut... oder so.
Mir ging es nach meiner 3 Monatigen Asienreise genauso und bin ein Jahr später auf meine Einjahresreise aufgebrochen. Das Fernweh nimmt nicht ab, egal was kommt! Das wichtigste ist positiv zu denken und zu realisieren, dass man alle Möglichkeiten hat gleich wieder abzuhauen. Du musst nur das nötige Geld dafür verdienen, aber das kann man in Deutschland ja schon, wenn man hier sparsam lebt.

Viel Spass beim planen und komm gut über den Winter!!

Gruss
Petra
dorothe2008
Kiebitz
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Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Ungelesener Beitrag von dorothe2008 »

ich merke bei mir selber, dass ein wenig zeit meist hilft...erfahrungen und eindrücke müssen sacken - auch wenn man nicht aktiv drüber nachdenkt.

aber wie wenn man nicht nur 1 jahr weg ist sondern immer für mehrere jahre in einem anderen land lebt und wiederkommt? man nimmt vieles an, manches regt einen auf, hier wie dort...probleme von interkulturalität, toleranz, sozialisierung etc erfährt man schmerzhaft am eigenen leibe...

reisen ist ja auch eine art konsumieren neuer plätze und eindrücke und die lust daran ein postmodernes phänomen - für uns, die wir es uns leisten können. erkennen heisst nicht ändern, noch nicht einmal bewerten. ist eine permanente reiselust eine permanente suche (oder sucht) nach neuen erfahrungen und erlebnissen kanalisiert in den reisewunsch? manche kaufen handtaschen, manche sammeln schuhe, andere sammeln orte...oder suchen wir nach der verringerung unserer komplexen lebenszusammenhänge und geniessen das einfache, die nähe zu anderen (die auch viel zeit haben), die reduktion der besitztümer auf den rucksackinhalt?

wie auch immer reisen ist schön. wieder zurück kommen ist genau so schwer wie der kulturschock beim ankommen im reiseland womöglich war, schön, dass hier platz zum austausch darüber ist - tolles forum !
Kasperle
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Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Ungelesener Beitrag von Kasperle »

Hallo Ihr `(Ex)Langzeitreiserückkehrer´,

nach meiner einjährigen Reise durch Australien und NZ fiel ich erst mal in ein super großes Loch.
Aus der warmen Sonne Australiens in das graue Deutschland zurück erschien mir alles trist. Jeder Mensch in D. trug für mich graue, schwarze Jacken und hatte diesen Gesichtsausdruck :( . Die erste Begegnung war ein mürrischer Zollbeamter, der nächste ein Schaffner im Zug. Ich rieb dauernd an meinen Augen, um diesen Nebel loszuwerden. Komischerweise musste ich mich nicht aklimatisieren. Das erste was ich mir kaufte, war eine Käsespecklauge, nach der ich mich sehnte und der überhaupt nicht schmeckte.
Zuhause angekommen stellte ich fest, dass meine Mutter eine neue Wohnzimmerlampe gekauft hatte. Ja, das war es dann auch schon.

Das schwarze Loch war da. Mittlerweile ist OZ fünf Jahr her. Nach zwei Jahren hunderter Bewerbungen schreiben und hunderter Absagen, begann ich 2007 die Ausbildung zur Erzieherin, weil dies die einzige Zusage war.
Dabei habe ich eher aus Verzweiflung zugesagt und die letzten 5 Jahre habe habe ich provisorisch mein Loch versucht zu stopfen und festgestellt
- um auf den Beitrag von dorothe2008 zurückzukommen - Ja, Reisen ist eine Art Konsumierung neuer Orte und Eindrücke, Erlebnisse, Erfahrungen. Vielleicht ist es auch die Unverbindlichkeit, die den Reiz des Reisen ausmacht. Ich weiß es auch nicht. Jedenfalls konnte ich, das Loch nicht stopfen. Ich bin bald dreißig und wollte in den letzten drei Jahren mich dem deutschen Leben, Normen und Wertvorstellungen anpassen und bemerke jetzt, dass ich mich eigentlich selbst belogen habe. Ich will Erfahrungen, Eindrücke auf der ganzen Welt sammeln und die Zwangsjacke der Erziehung (so wie ich sie erlebt habe) los werden. Das bedeutet für mich jetzt Arbeiten und währenddessen meine erste große Weltreise zu planen und mit den Konsequenzen, die daraus entstehen, lernen umzugehen. Also keine abgeschlossene Ausbildung mit regelmäßigen Einkommen, der Mann, die Kinder, das Haus, den Hund etc. Sondern Leben im Moment.

Tolle Seite, tolles Forum, freue mich über weitere Berichte von Weltbummlern.
Tanja[/b]
Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.
Augustinus Aurelius
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Ethan

Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Ungelesener Beitrag von Ethan »

Hallo,
habe mit Interesse viele Beiträge gelesen. Ich habe noch richtige keine Langzeitreise gemacht, sondern stattdessen alle Kontinente in mehreren einmonatigen Reisen erkundet. Habe auch schon einige Jahre im europäischen Ausland und in China gelebt.

Mich wundert etwas, dass viele eine eher negative Einstellung zur Rückkehr bzw zu Deutschland an sich haben. Bei mir ist das eher umgekehrt. Ich reise zwar immer wieder gerne und langweile mich auch etwas, wenn ich zu lange nur in Deutschland bin. Andererseits lerne ich Deutschland im Ausland auch immer richtig zu schätzen. Gerade nach der Rückkehr aus Asien und Südamerika zum Beispiel fand ich die Menschen hier eher angenehm. In Thailand oder auch Vietnam zB hat es mich sehr genervt, dass es sehr sehr schwer ist, jemanden einfach nach einer Information zu fragen. Man wird sofort dichtgeredet und soll etwas kaufen. OK, dort war ich sicher teilweise zu sehr in Touristenzentren und ich will den Menschen ja auch keinen Vorwurf machen, dass sie hoffen, Geld verdienen zu können, dennoch fand ich es schön, dass ich hier wieder Menschen einfach etwas fragen kann und dabei keine Dollarzeichen in ihren Augen blitzen sehe. Ähnlich ging es mir mit der US- amerikanischen Art der Freundlichkeit, für mich war das auf Dauer zu aufdringlich. Mich nerven zwar auch die Nörgler, die sich über jede 10-minütige Verspätung der Bahn unglaublich aufregen können. Aber ich finde, der Grossteil der Menschen hier ist durchaus freundlich, wenn man es denn selber auch ist.
Was ich nach 2 Jahren in Frankreich und besonders 1 Jahr in England wirklich bemerkt habe, ist, wie extrem gut es uns hier geht, selbst im Vergleich zu einigen anderen Westeuropäern. Viele Dinge sind wirklich günstig, die Qualität der Autos, Wohnungen und Häuser ist sehr sehr gut und die (meisten) Dinge funktionieren einfach.

Ich kann mir aber gut vorstellen, dass man nach einer langen Reise Schwierigkeiten hat, wieder "reinzukommen". Mir ging es schon nach den EIn-Monatstrips so, dass ich ein paar Tage nicht richtig wusste, was ich mit mir anfangen soll. Weil man auf Reisen fast ständig etwas erlebt, kommt einem der Tag zu Hause unendlich lang vor, weil nichts passiert. Aber das hat sich schnell wieder gelegt.

Ich werde sicher auch noch einige grössere Reisen starten und kann mir auch gut vorstellen, nochmal ins Ausland zu gehen. Aber habe eben doch gemerkt, dass ich so geprägt bin, dass ich mich in Deutschland dauerhaft am Wohlsten fühle.
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Roland no 0815

Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Ungelesener Beitrag von Roland no 0815 »

Hallöchen!
Ich glaube, dass die Gefühle die man nach der Reise hat, die verstärkten derer sind, die man schon zuvor hat.
Ich bin immer sehr depremiert bei meiner Heimkunft und es dauert Monate bis ich wieder der Alte bin, zumindest für die Freunde. Innerlich habe ich mich ja weiterentwickelt währen die Freunde stehengeblieben sind. Nach meinen Reisen, die immer in kürzeren Intervallen stattfinden, ist meist die Arbeitssuche die schwierigste Aufgabe. Nicht etwa wegen der Tätigkeit an sich, sondern wegen des fixierten Tagesablauf und des Müssens. Die Anerkennung der neuen Autoritäten und Pflichten die man mit einem Arbeitsverhältnis eingeht stellen ebenso ein riesen Problem dar, wie auch die Unterdrückung des Dranges nach Freiheit und Selbstbestimmung.
Während der Reise habe ich da einfach keine Gegner. Ich kann einfach nur leben und geniessen. Es ist niemand da, der dir sagt wo es langgeht. Hier in Europa gibt es einfach zu viele Regeln die mir missfallen denen man sich beugen muss. Ich denke da zum Beispiel an die Überprüfung der Verkehrstauglichkeit von Fahrzeugen. Sicher, auf Grund dieser Regeln haben wir es in Europa zu diesen Luxus gebracht den wir haben. Aber, braucht das der Mensch wirklich alles.
Die freudige Feststellung auf meinen Reisen ist immer wieder, dass ich alles in einem Rucksack platz habe um mich wohl zu fühlen. All der andere Schnickschnack den ich zuhause lasse wird völlig unwichtig..
Ich habe mittlerweile mein Leben dem Ziel gewidmet, mit wenig Arbeitsaufwand viel Freizeit zu erreichen und beschleunige dies durch Verzicht auf Materialismus. Oder anders ausgedrückt ich arbeite immer nur mit dem Ziel , so schnell als möglich die nächste Reise zu finanzieren.
Aber was ist wirklich so faszinierend am Reisen? Reise ich des Reisens wegen oder ist es doch nur eine Flucht? Es ist wohl ein Mix daraus! Flucht vor den Alltagsproblemen und Neugierde auf verschiedenen Kulturen ranken sich um die Vorherrschaft. Bei Beginn der Reise ist noch alles sehr intensiv, aber je länger ich unterwegs bin desto mehr verliere ich das Interesse an fremden Kulturen. Nein, das ist eigentlich falsch, ich habe sie in mittlerweile aufgesaugt und mich an sie gewöhnt. Das Reisem wird zum Alltag vor dem ich eigentlich geflüchtet bin. Und die Probleme die ich zuhause hatte scheinen auch vergessen zu sein oder sind nichtig geworden.
Da stelle ich mir dann immer die Sinnfrage des Weiterreisens. Lange versuche ich dieses Gefühl zu unterdrücken, solange bis das Reisekonto gegen Null geht. Und dann sehe ich voller Verzweiflung der Tatsache entgegen, dass ich wieder Arbeiten muss. Je älter ich werde desto schwieriger wird es aber, einen geeigneten Job zu finden. In meinem Lebenslauf fehlen zu viele Jahre. Es gibt wenige Chefs die Verständis für meine Lebenseinstellung haben. Meist muss ich sozusagen Schmiergeld zahlen und billiger arbeiten als ein anderer der einen tadellosen Lebenslauf hat.
Meine Freunde sind in den Jahren auch weniger geworden, denn einige haben ebenfalls wenig Verständis dafür. Ihr Grundgedanke scheint wohl Neid zu sein. Sie denken:
„Ihm soll es genauso dreckig gehen wie mir, der soll auch eine Familie gründen, ein Haus bauen, lebenslang Kredite zurückzahlen und sich deshalb zu tode arbeiten.“
Ich soll eben ein richtiges Mitglied der Gesellschaft werden und Verantwortung übernehmen. Sie können nicht umgehen mit meiner Freiheit. Ich lebe den Traum vieler und das danken sie mir mit Neid und Ablehnung. Das ist der Preis meiner Reiselust und Freiheit!
Sicher, von meiner staatlichen Pension brauche ich nicht viel zu erwarten. Aber wer weis schon ob man die überhaupt erlebt. Man lebt jetzt, und nicht in der Zukunft, aber auch nicht in der Vergangenheit.
ABER: Wenn ich ehrlich zu mir bin, will ich einfach nur erfolgreich und anerkannt sein. Ein Haus mit Garten haben und einen gutbezahlten interessanten Job, mit dem ich meine Frau und meine Kinder (habe ich beides noch nicht) den Luxus bieten kann, den ich ihnen gerne bieten möchte. Aber da ich dafür einfach nicht die nötigen Eigenschaften und Voraussetzungen besitze um diese Wünsche und Ziele zu erreichen habe ich das Reisen als Ersatz gefunden! Dieser Ersatz reicht aber einfach nicht, um dauerhaft glücklich und zufrieden zu sein. Es ist eben nur ein Ersatz. Aber das Reisen macht zumindest kurzzeitig glücklich und zufrieden und deshalb auch Sinn.

Wahnsinn! Irgendwo in diesem Forum habe ich gelesen das Schreiben dazu dient seine Gedanken zu sehen (oder so ähnlich). Jetzt muss ich dies bestätigen. So klar habe ich es noch nie zuvor gesehen und muss an dieser Stelle dem WRF danken.
Mal sehen was diese Erkenntnis mir zukünftig bringt!


Roland
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Coogar
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Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Ungelesener Beitrag von Coogar »

Ethan hat geschrieben:Andererseits lerne ich Deutschland im Ausland auch immer richtig zu schätzen.
Hallo,
Ich lebe gerade mein 5. Jahr im Ausland und genauso lange habe ich gebraucht, um Deutschland schätzen zu lernen. Besonders in Argentinien.
Ich lebe gerne hier, aber als nichtreisende Ansässige sammelt man eben doch ein paar Erfahrungen neben den schönen.

Zum einen erfährt man mal am eigenen Leib wie es ist, Ausländer zu sein inkl. diverser Verbalattacken auf unterschiedlichen Ebenen (und ich denke, in der Hinsicht ist Argentinien noch recht zahm) plus die Tatsache, dass man weniger Rechte hat, und weniger Möglichkeiten sich frei zu entfalten. Mir persönlich macht es zum Beispiel zu schaffen, dass mein Zugang zu Weiterbildung hier sehr beschränkt ist, da ist Deutschland echt vorbildlich mit all den VHS-Kursen, Unis, FHs, Abendschulen, Erwachsenenbildung etc.

Ebenfalls schwierig ist es, wenn man an einem Ort lebt, der nicht multikulturell ist; Verständnis findet man normalerweise bei anderen Expats, die Argentinier tun sich eher schwer damit - klar, die meisten hier waren noch nie Ausländer auf Dauer, aber auch die Bereitschaft, sich in jemand anderen reinzuversetzen ist nicht gerade häufig vorhanden, und ich fühle mich häufig unverstanden oder missverstanden.

Dann kann natürlich ein dauerhaftes low-standard-Leben auch an den Nerven zehren, und damit meine ich nicht "kein Auto, keine Reisen" (obwohl mir das Reisen auch fehlt), sondern eher: kein oder schwieriger Zugang zu bestimmten medizinischen Versorgungen, zu bestimmten Lebensmitteln (gesundes Essen ist hier teurer als ungesundes), zu rechtlicher Unterstützung, wenn es zB durch die Decke regnet und der Vermieter sich weigert, etwas dagegen zu unternehmen (Pech halt).
Dazu die Inflation, mangelnde Sicherheit etc.

Deutschland ist definitiv kein übles Land, und Paradies ist nirgendwo.
Wenn ich eins über Argentinien sagen kann: es hat mich eine Menge gelehrt, auch über mein Herkunftsland.
Ich weiß nicht, wie es wäre wieder zurückzukehren. Aber mit der geänderten Situation hier, was das Visum angeht, probiere ich es vielleicht in ein-zwei Jahren einfach mal aus, und sehe, was bei rumkommt.

Grüße, die Coog 8)
What is the use of straining after an amiable view of things, when a cynical view is most likely to be the true one?
G.B.Shaw
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Guggi
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Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Ungelesener Beitrag von Guggi »

Um auf die Frage von Astrid zurückzukommen http://www.reise-forum.weltreiseforum.d ... sc&start=9

Eine Rückkehr hat immer zwei Seiten. Auf der einen Seite freute man sich schon 2 Monate vor der Heimreise wieder nach Hause in das gewohnte Umfeld zu kommen. Ich lernte die Schweiz mehr denn je zu schätzen, aber auf die andere Seite ist es schwer wieder in den "normalen" Rhytmus mit Arbeit und Freizeit zu kommen. Das Gefühl der unbegrenzten Freiheit von der Reise liess sich schlecht verdrängen.

Mein Problem bei der Rückkehr war, dass sich anscheinend zu Hause nichts Grosses getan hat. Ich hatte das Gefühl, nur für ein paar Wochen weg gewesen zu sein. Die Freunde und Familie verhielten sich mir gegenüber gleich wie vor der Reise. Was auch gut ist, so sollte es ja auch sein. Man ertappt sich aber bei Gesprächen immer wieder dabei, nicht wirklich zuzuhören, da einem die Gespräche zu oberflächlich wirken. Dann trifft man aber Leute, die dasselbe erlebt haben und man kann sich so richtig schön austauschen. Die Einstellung gegenüber dem Leben und der Art des Daseins wird vom gegenüber mit lustigen, interessanten Geschichten kommentiert. Die Wertschätzung hat sich somit verlagert.

Ich war nie der Typ von "schaffa, schaffa, Häusle baua", das ist mir zu einfach. Das wahre Leben spielt sich meinerseits draussen in der grossen Welt ab und diese möchte ich sehen, ohne über die Konsequenzen nachzudenken, dafür habe ich im Alter noch genügend Zeit ;-)

Mit der Arbeit sieht es zur Zeit ähnlich aus. Da ich nach der Rückkehr wieder den gleichen Arbeitsplatz übernahm, fehlt auch da das Neue.
Ich versuche eine Möglichkeit zu finden, mir wieder Ziele zu stecken. In eine eigene Wohnung ziehen? Eine neue Ausbildung? Autokauf?
Aber im Endeffekt lande ich doch wieder bei einer konkreten Reiseplanung.

Ich denke, das Single-sein hat da auch die Hand im Spiel.
Zu zweit ist es doch einfacher die Zukunftspläne zu schmieden und man hat etwas, für das es sich lohnt, hier etwas aufzubauen. Da nun dies aber nicht der Fall ist, nutze ich die Zeit und seh mir die Welt an. Obwohl viele den Kopf schütteln und mich darauf hinweisen, doch endlich mal eine Weiterbildung in Angriff zu nehmen. Aber jedem das seine. Ich möchte was finden, erschaffen was mich später stolz sein lässt und ich gerne meinen Enkeln erzählen werde.

Das passt wie die Faust aufs Auge:
Eine Reise ist ein vortreffliches Heilmittel für verworrene Zustände. (Franz Grillparzer, 1791 - 1872)
Artur
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Registriert: 07 Mai 10 20:38
Wohnort: Ostschweiz

Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Ungelesener Beitrag von Artur »

Hallo zusammen
Nach Familie mit Kindern, nach einer kleinen Karriere und ..... nach Scheidung habe ich meinen Traum vom, bis jetzt noch, zeitlich begrenztem Reisen , erfüllen können.
Seit 10 Jahren bin ich im Jahr 2 Monate unterwegs, bis jetzt ausschliesslich in Nordafrika.
Libyen, Ägypten, Algerien und Tunesien.
Mich gelüstet nach mehr.
Warum?
Wir leben hier in Europa, ich mittendrin, in der Schweiz.
Wohlbehütet, sicher, abgesichert und...... eingeengt wie in einem Käfig.
Das Problem ist schlicht und einfach der Platz.
Nehmen wir zum Beispiel mal Algerien, man wird ständig kontrolliert, kann sich nicht frei bewegen und trotzdem fühle ich mich, sobald ich in der Wüste bin frei, warum?
Ganz einfach wegen der Weite, der Ruhe und manchmal auch ein wenig wegen gewisser Unsicherheiten.
Das Gleiche gilt für Libyen.
Ich meide die Städte, die Touristencentren und alles was nach Einengung aussieht, Raum und Zeitmässig.
Wenn man einmal weg ist von der vermeintlichen Zivilisation fühlt man sich frei, auch wenn die Freiheit eingeschränkter ist als in Europa, das Gefühl macht's.
Für mich ist die Zeit gekommen, einmal Afrika rundherum mit all seinen Restriktionen, Vorschriften und Schikanen, aber frei und zeitlich fast unlimmitiert.
Der Countdown läuft!
sandige sehnsuchtsvolle Grüsse
Turi
cinta
WRF-Mitglied
Beiträge: 15
Registriert: 30 Jan 09 21:47

Nach der Fernreise, Langzeitreise oder Weltreise

Ungelesener Beitrag von cinta »

Wir (mein Mann und ich, beide um die 40) sind im Juli nach unserer achtmonatigen Weltreise wieder heimgekehrt, suchten uns eine neue Wohnung, kauften Möbel und fingen nach Sabbatjahr und unbezahltem Urlaub wieder an zu arbeiten. Ich hatte tatsächlich besonders beim Möbelkaufen öfter den Gedanken: Wie soll ich das bloß alles wieder loswerden? und das Gefühl, mich wieder zu "beschweren", nach einem Jahr Leichtgepäck. Aber das war eben Urlaub.
Und nun warte ich noch auf das wirkliche Loch. Aber stattdessen ist da bisher eine riesige Dankbarkeit für das größte Jahr meines Lebens, das ich für immer im Kopf und Herzen tragen darf.
Ich kann mich dem negativen Blick auf Deutschland nicht anschließen, vielmehr hab ich während der Reise manchmal fast zärtliche Gedanken an meine Heimat gehabt. Was alle Heimkehrer hier und immer vermissen und dann hier natürlich nicht finden können, ist das Gefühl von Freiheit, das man immer im Urlaub hat. Darum kann ich auch nicht sagen: oh, hier doofe Arbeit, eingeengt, alles spießig, da alles locker, entspannt und glücklich. Würde man ein Jahr durch Deutschland mit ausreichend Geld eine Rucksackreise machen, würde man sich -vermute ich- ähnlich frei fühlen können. Arbeit ist Arbeit und Schnaps ist Schnaps :-) Mein Leben kann doch nicht nur Sonne und Urlaub sein - so gern ich auch immer einen Zimmerservice hätte, jeden Tag mich nur mit der Frage "Wo gehen wir heute esen?" beschäftigen würde oder ständig einem neuen Abenteuer vor der Tür begegnen würde.
Wie oft sagt man sich, dass hier alles so eng und reglementiert ist. Aber wie oft hab ich mich gefragt, wie hoch wohl die Unfallrate (zudem ohne anschließende medizinische Versorgung) wohl in vielen Ländern ist? Wieviele Kinder diese schrillgiftigen Putzmittel schon getrunken haben, weil kein Verbraucherschutz vor ihnen warnt? Wieviele Leute lieber in Bussen fahren würden, die heil sind und mit Busfahrern, die einen nicht wie die letzten Henker irgendwohin brettern? Ich kann mich hier in Deutschland tatsächlich bei jemandem beschweren, wenn der Bürgersteig kaputt ist oder kein Schulbus fährt, weil wir ein Grundvertrauen in unseren Staat haben, soviel es auch zu schimpfen gibt. Dies ist eine zivilisatorische Leistung, die mir auf dieser Reise sehr bewusst geworden ist und die viele Menschen in den Ländern, in denen wir waren, sicher so nicht kennen.
Aber grundsätzlich kann und muss man sein Leben ja nach dem einrichten, was einem wichtig ist. Zwischen "spießiges Leben mit Eigentumswohnung " und "Ímmer reisen" liegen ja auch noch tausend Varianten. Ich wollte nie ein eigenes Haus, kein großes, teures Auto, keine Schulden, nicht mal Kinder- das macht öfter reisen einfacher.
Ich glaub, man darf nicht vor etwas wegreisen, man sollte nur zu etwas hinreisen- dann kann man auch gut wiederkommen. Und dann kann man schließlich auch all das in sein Leben hier einfließen lassen, was man auf Reisen so liebt: Mehr Lachen, mehr lächeln, mehr helfen, offener sein, mit allen sprechen - auch die Deutschen sind irgendwie nur Menschen, die sich darüber freuen. :-)
Aber mal sehen, ob es uns nochmal packt...

Lg Cinta
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