Meine lieben Mitreisenden!
Anbei der erste Teil meiner Reise durch Aceh. Nachdem es viele Monate ohne Beachtung in meinem Datengrab gelegen hat, habe ich es in den letzten Wochen wieder öfter gelesen. Es ist das Bild eines Paradies, das es nicht mehr gibt. Mit Menschen die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Von denen ich vielleicht nie erfahren werde, ob sie die Welle überlebt haben.
Nun habe ich mich entschlossen, es euch zugänglich zu machen. Auf daß es Euch unterhalten soll (oder auch nicht) und mir zur nötigen Kritik verhelfen wird (nur her damit!).
Liebt es oder hasst es,
lobet es oder verreißt es,
lacht oder weint...
Aber: Lebt jeden Tag!
Es könnte der letzte sein.
In der Hoffnung, daß es euch gefällt...
Eure,
Lani
> >
30 Stunden bis ins Paradies. Der Kleinbus entfernt sich von der Bootsanlegestelle und holpert langsam über die mit Schlaglöchern gespickte Straße. Die Luft im Inneren ist stickig heiß und nimmt mir den Atem. Ich bin müde und will nur noch ins Bett. Seit rund 30 Stunden bin ich nun auf den Beinen denn an Schlaf war auf dem Schiff von der Hauptstadt Medan in den äußersten Norden, nach Banda Aceh, nicht zu denken.
Ein gemischter Schlafsaal für etwa 150 Menschen, schreiende Fernsehgeräte, gaffende und neugierige Mitreisende. Muslimisch züchtig scheinen die ganze Nacht die Neonröhren knapp zwei Meter über unseren Köpfen. Da Emma und ich die einzigen orang putih (Weißhäute) sind, erregen wir erhebliche Aufmerksamkeit. Dass wir uns in Begleitung eines mehrsprachigen Indonesiers mit langen Dreadlocks und eingeflochtenen Muscheln befinden, steigert die Neugier unserer Mitreisenden ins Unermessliche. Vorwitzige javanische Nonnen zupfen an seinen Zöpfen und kichern unisono über seine rambut gila (verrückte Haare).
Ismael, genannt Smiley, seines Zeichens stolzer Nachfahre der Batak-Ureinwohner, spricht mehrere indonesische Dialekte und muss so eine ganze Batterie neugieriger Fragen über sich ergehen lassen. Doch er nimmt es mit Geduld und Humor. Mir wird das Ganze erst zuviel, als ich mit einem um Kopf und Augen gewickelten Sarong und laut dröhnenden Kopfhörern in den Ohren verzweifelt versuche einzuschlafen und dabei aber nicht die Männer zu ignorieren vermag, die auf der Schlafbank gegenüber sitzen, sich ausgiebig über uns unterhalten und uns beim Versuch zu schlafen, zusehen. Sobald man auch nur ein Lid öffnet und durchlugt, ruft irgendeiner: Hello Miiiistrr! Where from? Want Coffee, want Tea?
Gerade als ich für ein paar Minuten eingeschlafen war (ungefähr zur gebetsüblichen Zeit um fünf Uhr), riß mich eine schrille Rückkopplung der Lautsprecher aus meinem Schlummer. Eine sanfte Stimme proklamierte mit nüchternem Tonfall so etwas wie: Meine Damen und Herren, auf dem Oberdeck bieten wir unseren muslimischen Mitreisenden den Service des heiligen Morgengebets.
Die gedämpft gesprochenen Worte werden abgelöst von der geschrienen Huldigung Allahs. Während sein Gesang sich schmerzhaft durch meine Hirnwindungen bohrt, bricht allgemeine Unruhe aus. Taschen werden durchsucht, Gebetsröcke angezogen, Kopftücher zurechtgezupft, Kinder aus ihrem Schlaf gerissen und angekleidet, Waschungen vorgenommen, Schuhe gesucht, die Tür zum Schlafsaal aufgerissen und wieder zugeknallt – kurz, der alltägliche Gebetswahnsinn. Zehn Minuten später ist der Raum wieder ruhig und außer uns liegen nur noch ein paar Ungläubige und eine Hand voll Kleinkinder im Schlummer. Die schwülen Ausdünstungen der vielen Menschen dringen unangenehm in meine Nase, doch bevor ich mich daran stören kann, bin ich schon wieder eingeschlafen.
Morgens um sieben Uhr dann Ankunft in Malahayati bei Banda Aceh am nördlichsten Punkt Indonesiens und Umsteigen in ein Schiff mit deutlich weniger Vertrauenspotential. Keine deutschen Inschriften auf den Rettungsbooten, zersplitterte und löcherige Holzdielen, keine Fenster, dafür zur Abwechslung nur ein einzelner dröhnender Fernseher mit einem verzerrt rötlichen Bild, das in den Augen schmerzt. Ein kleiner Shop verkauft Donuts, deren süßer Duft das ganze Schiff durchströmt und mich vor Hunger schwindelig macht. Ich verdrücke gleich drei Stück von dem exzellenten Backwerk und fiebere mit beim Beachvolleyball-Finale der Olympiade. Hin und wieder kommen einheimische Großfamilien auf uns zu und bitten uns um ein Foto. So posieren wir dann mal mit Oma, mal mit Kind oder gleich mit der ganzen Sippe und wirklich jeder will wissen, woher Smiley seine Perücke hat.
Auf Pulau Weh angekommen erst einmal das übliche Gedrängel um ein Taxi. Nach kurzer Verhandlungszeit (Smiley sei Dank!) quetschen wir uns mit zehn anderen in einen rostigen Kleinbus und mir fallen trotz des Gerumpels gleich die Augen zu. Meine Schulter klemmt unter der Vorhangstange und auf meinem Schoß liegt ein dicker Sack Reis. Ich tröste mich mit der Aussicht, dass ich in einer Stunde bereits in einer gemütlichen Hängematte am Strand liegen werde. Zu früh gefreut!
Nach knapp zwei Kilometern erwartet uns eine Polizeikontrolle: Grimmige, bewaffnete Uniformierte, die nicht aussehen, als hätten sie auch nur einen Funken Mitleid. Wir werden angehalten und müssen aussteigen.
Sie sind auf der Suche nach Waffen und da Rebellen meistens lange Haare haben (so steht es wohl im Polizei-Handbuch), wird Smiley besonders gründlich unter die Lupe genommen. Doch in seiner Tasche finden sie nicht die erwartete Handgranate. Allgemeiner Palaver entsteht und alle blicken Emma und mich an. Ratlos, müde, eingeschüchtert und etwas betreten stehen wir da. Die anderen Mitreisenden beschweren sich über den langen Stop. Ein Polizist scheucht alle (außen uns dreien) wieder zurück in den Bus und winkt sie weiter.
Wir verbleiben in der heißen Morgensonne und schauen sehnsüchtig dem sich entfernenden Bus nach. Bye, bye Hängematte....
Pukalani's Reise durch Aceh, Sumatra
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Ob als Urlauber oder Hardcore- Traveler: Reisen bildet und ändert das Bewusstsein. Freier Austausch unter Betroffenen.
Hier im Plauderbereich der Reisecommunity aber bitte KEINE konkreten Reiseinfos fragen oder posten, denn die gehören einzelthematisch in den Reise-Info-Pool. sodass sie als Sachthemen ergänzbar, aktualisierbar und für andere hilfreich findbar bleiben. Danke!
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Re: Pukalani's Reise durch Aceh, Sumatra
Hi,
Mühsam ist der Weg ins Paradies....
Und, ist noch was aus der Verabredung mit der Hängematte geworden?
Gruß
Katja
Mühsam ist der Weg ins Paradies....
Und, ist noch was aus der Verabredung mit der Hängematte geworden?
Gruß
Katja
Re: Pukalani's Reise durch Aceh, Sumatra
Hi Katja!!
Ja, das Paradies bekommt man nicht geschenkt....
Der Weg in die Hängematte dauerte noch endlos viele, ereignisreiche Stunden. Bin gerade dabei, den zweiten Teil zu überarbeiten. Sobald ich (einigermaßen) zufrieden bin gibt's die Fortsetzung.
Bis dahin,
schönes Träumen!
Lani
Ja, das Paradies bekommt man nicht geschenkt....
Der Weg in die Hängematte dauerte noch endlos viele, ereignisreiche Stunden. Bin gerade dabei, den zweiten Teil zu überarbeiten. Sobald ich (einigermaßen) zufrieden bin gibt's die Fortsetzung.
Bis dahin,
schönes Träumen!
Lani
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