ich bin Johanna, 20, und habe Anfang 2015 zehn Wochen Freiwilligenarbeit in Thailand geplant, bei einer Oraganisation namens RGV (Rainbow Garden Village) gebucht und erhalten habe ich hauptsächlich eine Menge Ärger.
Für alle, die überlegen eine Frewilligearbeit zu machen, möchte ich hiermit eine klare Gegenempfehlung zu dieser Organisation aussprechen.
So fing meine Reise an:
RGV, Nordostthailand, neues Projekt: Tempelvolunteer:
„Der Tempel ist zentraler und wichtigster Bestandteil des Dorfes und so wird er in regelmäßig stattfindenden Reinigungs-, Verschönerungs- sowie Instandhaltungsarbeiten gepflegt. Du hilfst also auch hier im handwerklichen Bereich mit. Aber auch das Pflegen und Schmücken des Tempels zählt zu deinen Aufgaben. Bei besonderen Anlässen fungiert der Tempel als Treffpunkt für Dorfversammlungen, dann fallen zusätzlich Arbeiten bei der Organisation von Veranstaltungen an.“
(Die zusätzliche Beschreibung, die es heute gibt, gab es damals noch nicht, sondern ist erst nach meiner Abreise hinzugefügt worden).
BÄM! Das will ich machen! In meinem Kopf sehe ich mich schon einen heruntergekommenen Tempel renovieren, verputzen, malen, was auch immer. Ich will nach Thailand, den Buddhismus besser kennen lernen und den Menschen helfen ohne, dass ich unbedingt Kinder unterrichten muss, darauf habe ich echt keine Lust. Passt also Perfekt das Projekt, oder?
Erst total euphorisch kriege ich einige wenige Tage vor Abreise ein ziemlich mieses Gefühl. Zwar hat mir die RGV sehr freundlich geholfen Visa und so weiter vorher zu klären, aber als es dann um spezifischere Fragen beim Packen geht, können sie mir nicht weiterhelfen, verweisen auch nicht an den Projektleiter oder so. „Haben die überhaupt 'nen Plan was da abgeht in Thailand?“, frage ich mich etwas bange. Das Projekt ist zwar neu, aber etwas mehr Info als die Beschreibung da oben sollte es schon sein. Mit flauem Magen fliege ich los.
Total nett werde ich von Luisa, der zweiten Volunteerin, und der Frau des Projektleiters in dessen Familie ich wohnen werde, am Flughafen abgeholt. Wir fahren in das kleine Dorf Ban Nong Phong gebracht, von dem ich im Dunkeln noch nicht so viel erkenne, außer dass es, wie beschrieben, echt weit außerhalb liegt.
Mein flaues Gefühl wird noch am selben Abend richtig mies. Ich sitze mit Luisa und dem Projektleiter Raimund draußen auf der Terasse, es ist herrlich warm, die Grillen zirpen, ein Gekko macht sich lauthals bemerkbar. Eigentlich sehr schön, aber der Inhalt des Gespräches verunsichert mich ziemlich. Luisa ist die erste Volunteerin am Standort und hat ziemlich Startschwierigkeiten in der Schule gehabt als Schulvolunteerin. Als ich sage, dass ich ja Tempelvolunteerin bin, sieht sie mich etwas mitleidig an und schaut zu Raimund. Raimund scheint das Wort gar nicht wirklich zu kennen. Er fragt mich, ob ich nicht auch unterrichten will. In so einem Tempel gäbe es nicht wirklich viel zu tun und die Kinder bräuchten dringend Englischunterricht.
Müde von der langen Reise, total verwirrt, überrumpelt und mit einem Gefühl betrogen worden zu sein, stimme ich zu. Ich kriege das hin mit dem Unterrichten und ich wollte ja helfen, oder?... Ich erwähne nochmal, dass ich ja eigentlich für den Tempel da bin und da handwerklich mithelfen wollte. Morgen sei ein Tempelfest, da könne ich ja mitkommen. - Ah ja, na gut, das klingt ja wenigstens interessant.
Luisa ist die ersten Tage die einzige Person mit der ich mich austauschen kann, mein Internet funktioniert noch schlechter als erwartet, es reicht nichtmal für eine Nachricht zu meinem Freund, dass ich gut angekommen bin. Niemand hat mir gesagt, dass ich einen bestimmten Anbieter brauche, damit es besser funktioniert. Luisa meint, sie will nächste Woche erstmal nach Chiang Mai fahren, eine große Backpackerstadt im Norden, sie braucht Urlaub von dem ganzen Kram hier. Mein Gefühl wird noch schlechter, die erste Nacht ist ein ziemlicher Horror: eine Mischung aus dem erwarteten Heimweh und den unerwartet großen Problemen.
Trotzdem stürze ich mich die nächsten Wochen in die Arbeit. Ich komme einmal in die Schule mit, die dann schließt, weil Sommerferien sind. Ich organisiere eine Sommerschule mit Raimund zusammen und unterrichte in zwei Dorftempeln Englisch (was das ganze für Raimund anscheinend zur „Tempelarbeit“ macht). Ich bitte selbst darum, als doch ein Tempelfest ansteht, den Frauen beim Schmuck basteln zu helfen und bin da zweimal zwei Stunden beschäftigt. Ich versuche mir einen sinnvollen Thailändischunterricht mit Raimund zu organisieren, der eigentlich nie Zeit hat, aber immerhin habe ich dafür bezahlt.
Die Kinder sind wirklich süß. Super motiviert kommen sie auch in den Ferien zum Englisch lernen. Sie sind sehr schüchtern, weil sie eigentlich nie Weiße zu Gesicht bekommen und bewundern wie der Rest der Dorfbewohner auch meine winterlich-weiße Hautfarbe. Das macht es aber auch echt anstrengend. Das macht den Unterricht super anstrengend, denn niemand im Dorf außer Raimund spricht wirklich Englisch. Und etwas gefährlich kam es mir auch vor, nachdem auf einem Tempelfest ein Mann angeschossen wurde.
Ich fühle mich verloren. Die Dorfbewohner sind freundlich, begaffen mich aber wie ein seltenes Tier im Zoo, die Familie ist eigentlich recht nett, aber Rücksicht genommen, dass Gäste im Haus sind, wird nicht.
Mir platzt der Kragen.
Was soll ich denn hier, wenn ich viel Geld bezahlt habe und dafür nicht das kriege, was ich gekauft habe und mich nichtmal wohlfühlen kann, um das weg zu tolerieren? Ich wende mich an die RGV, bin ziemlich enttäuscht, dass die nicht wissen, wie es hier so zugeht. Sollte man nicht wissen, was an den eigenen Projektstandorten so passiert? Oder ist die Kommunikation so schlecht? Ich bitte, dass man mich nach Südthailand versetzt, da mein Projekt offensichtlich nicht existent ist. Ich könnte auch gleich mein Geld komplett zurückverlangen, doch das tue ich nicht, weil ich ja helfen will. Nein, das geht nicht, wird mir gesagt, nur wenn du nochmal bezahlst. Schließlich ist es deine eigene Entscheidung wenn dir das Projekt nicht gefällt. Du bist ja im Tempel. - Aber von unterrichten war doch nie die Rede, werfe ich ein. Ich verlange eine genauere Projektbeschreibung (die es jetzt zum Glück gibt, zwei bis drei Monate später).
Schliesslich halte ich es nicht mehr aus und beschließe auch eine Auszeit in Chiang Mai zu machen, so wie Luisa, die jetzt abreist. Es tut mir ziemlich leid für die neue „Tempelvolunteerin“ Franziska, die ich noch mit abhole und ihr die Situation erkläre, kurz vor meiner Abreise. In einer Woche sollte sich mit der RGV ja mal was geklärt haben mit dem Süden, denke ich mir.
Mehr zu meiner etwas wirren Reise durch das Land des Lächelns in meinem Vorstellungsthread .
Nochmal 1,5 Wochen später ist die Situation mit der RGV immernoch schwierig, ich muss richtig Durck machen, damit ich keine Wechselgebühren bezahlen muss und nicht nochmal Geld für die Unterkunft bezahle. Meinen Sprachkurs kann ich im Süden nicht weitermachen, von 10 Stunden habe ich in vier Wochen 2 bekommen. Das Geld, dass ich für Frühstück und Abendessen im Nordosten gezahlt habe kriege ich auch nicht wieder. Immerhin kann ich mittlerweile wechseln – Franziska auch – auch wenn im Süden immernoch Sommerferien sind. In die Klinik können wir nicht gehen – wir haben ja keinen Sprachkurs.
Am Südstandort in Chumphon werden wir dann richtig nett empfangen. Drei Tage lang fährt der Projektleiter Frank mit uns durch die Gegend, zeigt uns wo wir essen und einkaufen können, wo die Fähren und die schönsten Strände sind. Wo wir arbeiten können ist noch nicht klar, es sind noch Sommerferien und er kann deshalb noch nichts organisieren. Nichtmal eine befreundete Lehrerin kann ihm genau sagen, wann die wieder losgeht, was ich ziemlich amüsant und bezeichnend für Thailand finde. In Deutschland weiß man schon zwei Jahre vorher wann man Ferien hat und in Thailand regeln die Schulen das jede mal eben so wie es passt.
Franzi und ich üben uns also in Geduld, Frank kann ja nichts dazu. Wir vertreiben und die Zeit damit super leckere Mangos, Ananas in rauen Mengen und Bratreis zu futtern, fahren mit den neu erworbenen Moped-Fahrkünsten zum Strand und genießen das richtig große und angenehme Haus , in dem wir wohnen. Eine Woche später tröpfeln noch zwei weitere Volunteere ein, die im Krankenhaus arbeiten wollen und drei Mädels, die zum Schulprojekt gehörten, aber in einem anderen Haus untergebracht waren. Wir fahren zusammen in einen Mangrovennationalpark und insgesamt ist es menschlich sehr angenehm in Chumphon, auch wenn wir dort ebenfalls von den Einheimischen wie Zootiere beguckt werden und uns nicht wirklich verständigen können. Ein bisschen hatte ich an Thai zwar schon gelernt in den zwei Stunden, die ich im Nordosten hatte, aber das reicht leider höchstens, um relativ reibungslos auf dem Markt einzukaufen.
Nach nochmal über einer Woche geht dann endlich die Schule los und wir haben was zu tun – so ein bisschen zumindest. Die Schulkinder haben im Süden grade ein TV-Projekt. Die Unterrichtsstunden werden irgendwo aufgezeichnet und auf einem großen Bildschirm vor den Klassen ausgestrahlt. Die Lehrer sitzen daneben und passen auf, dass keiner Dummheiten macht. Franzi und ich sind deshalb lieber mit den Kindergartenkindern zugange, mit denen können wir ein bisschen spielen und dabei Englische Wörter einstreuen und außerdem beim Schreiben lernen helfen. Wir haben sogar einen kleinen Verehrer, außerdem einen fiesen, schlagenden und spuckenden Störenfried, der uns ganz schön auf Trab hält, viele schüchterne, liebe Mädchen und eine sorgende Kindergärtnerin. Da lässt es sich echt gut aushalten, selbst wenn man par toût nicht allein unterrichten wollte.
Franzi und ich versuchen dann noch auf einer Kaffeeplantage Englisch zu unterrichten, was leider nicht so gut klappt aus verschiedenen Organisationsgründen. Dafür lernen wir dort aber ein sehr nettes Deutsch sprechendes(!) Ehepaar aus Bangkok kennen, die in Deutschland Tiermedizin und Medizin studiert haben und uns herzlich zu sich einladen bevor wir nach Hause fliegen. Zufälle gibt es, wir sind total baff, als auf ein „We're from Germany“ ein „Oh, dann Grüß Gott“ bekommen.
Als meine Zeit in Thailand dann fast vorbei ist, habe ich insgesamt 7 Wochen gearbeitet und 5 Wochen frei zum Reisen gehabt, statt 10 Wochen zu arbeiten und 2 Wochen zu reisen. Bis ich in den Süden wechseln konnte, war einfach zu viel Zeit vergangen.
Insgesamt würde ich sagen, dass ich eine sehr anstrengende, aber auch schöne Zeit hatte. Ich habe im Nordosten trotz aller Widrigkeiten viel über die Thailändische traditionelle Kultur gelernt und auf meinen Reisen sehr viele nette Leute getroffen und wundervolle Sachen erlebt. Ich würde im Nachhinein aber lieber als Backpackerin unterwegs sein, was echt einfach ist, auch alleine, als irgendwo etwas zu arbeiten, was mir nicht wirklich Spaß macht. Stress zu haben, obwohl ich freiwillig Menschen helfen will und sogar bereit bin dafür zu bezahlen, dass ich Menschen helfen kann und ihnen keine Unkosten verursache, lohnt sich nicht. Seid euch sicher, dass ihr das wollt, ansonsten reist lieber. Es gibt genug zu sehen und zu tun! - Und wirklich viel teurer ist es auch nicht, würde ich sagen, wenn man nicht jede Woche weite Strecken zurücklegen will.
Das war's

Liebe Grüße, fallt nicht auf Abzocker rein,
eure Johanna
[Beitrag editiert und in passendere Kategorie einzelthematisiert - Danke für den ausführlichen Erfahrungsbericht Johanna
